----------------------- Page 1----------------------- Deutscher Bundestag Drucksache 18/2010 (neu) 18. Wahlperiode 02.07.2014 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss) a) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – Drucksache 18/1558 – Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie (Tarifautonomiestärkungsgesetz) b) zu dem Antrag der Abgeordneten Jutta Krellmann, Klaus Ernst, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/590 – Mindestlohn in Höhe von 10 Euro pro Stunde einführen A. Problem Die Ordnung des Arbeitslebens durch Tarifverträge ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Die Arbeitswelt hat sich in einer modernen Industrie- und Dienst- leistungsgesellschaft zunehmend fragmentiert. Dies hat den Tarifvertragsparteien die ihnen durch Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes überantwortete Ordnung des Arbeitslebens strukturell erschwert. In Deutschland hat die Beschäftigung zu niedrigen Löhnen in den vergangenen Jah- ren zugenommen. Insbesondere im Bereich einfacher Tätigkeiten sind die Tarifver- tragsparteien oftmals nicht mehr selbst in der Lage, Arbeitnehmerinnen und Arbeit- nehmer vor unangemessen niedrigen Löhnen zu schützen. Das Instrument der Allgemeinverbindlicherklärung ermöglicht eine Abstützung der tariflichen Ordnung. Der Nutzung dieses Instruments steht in Zeiten sinkender Ta- rifbindung das Erfordernis des starren 50-Prozent-Quorums zunehmend entgegen. Die Fraktion DIE LINKE. wendet sich mit ihrem Antrag gegen Ausnahmen vom allgemeinen Mindestlohn für bestimmte Beschäftigtengruppen. Darüber hinaus kri- tisiert sie die geplante Lohnhöhe als zu niedrig. ----------------------- Page 2----------------------- Drucksache 18/2010 (neu) – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode B. Lösung Zu Buchstabe a Mit dem Gesetz wird ein bundesweiter Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro brutto pro Zeitstunde ab dem 1. Januar 2015 eingeführt. Dieser Betrag kann auf Vorschlag einer Mindestlohnkommission durch Rechtsverordnung geändert werden. Das bisher geltende starre 50-Prozent-Quorum für die Allgemeinverbindlicherklä- rung eines Tarifvertrages wird gestrichen. An seine Stelle tritt ein konkretisiertes öffentliches Interesse. Durch das Erfordernis eines gemeinsamen Antrags der Tarif- vertragsparteien ist sichergestellt, dass die Sozialpartner eine Abstützung der tarifli- chen Ordnung für notwendig erachten. Gesondert geregelt wird die Allgemeinver- bindlicherklärung von Tarifverträgen über gemeinsame Einrichtungen zur Sicherung ihrer Funktionsfähigkeit. Ihr kommt eine verdrängende Wirkung gegenüber anderen Tarifverträgen zu. Darüber hinaus wird der Geltungsbereich des Arbeitnehmer-Ent- sendegesetzes für alle Branchen geöffnet. Mit den Änderungsanträgen werden verschiedene Anregungen aufgegriffen, die sei- tens des Bundesrates, der Sachverständigen in der Anhörung vor dem Ausschuss für Arbeit und Soziales am 30. Juni 2014 sowie der Praxis in die Diskussion eingebracht wurden. Die Änderungsanträge beinhalten insbesondere ergänzende und klarstel- lende Regelungen für Praktikumsverhältnisse sowie Regelungen zur Angleichung der Haftung des Auftraggebers an die bewährten Vorschriften des Arbeitnehmer- Entsendegesetzes. Die Mindestlohnkommission soll nunmehr entsprechend den üb- lichen tariflichen Entgeltanpassungen in einem zweijährlichen Turnus und erstmalig bereits zum 1. Januar 2017 über eine Anpassung des Mindestlohns entscheiden. Die Übergangsregelung wird dementsprechend angepasst. Dabei sieht das Gesetz für Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller eine stufenweise Einführung des Min- destlohns vor. Die Mindestlohnkommission wird zudem mit der Aufgabe betraut, laufend die Auswirkungen des Mindestlohns zu beleuchten. Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 18/1558 in geänderter Fassung mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. Zu Buchstabe b Die Fraktion DIE LINKE. fordert einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 10 Euro brutto pro Stunde, der künftig jährlich dem Lohnindex angepasst wird und für jedes Arbeitsverhältnis gelten soll. Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/590 mit den Stimmen der Fraktio- nen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. C. Alternativen Zu Buchstabe a Der Gesetzentwurf sieht insbesondere die Einführung eines allgemeinen Mindest- lohns sowie die Ausweitung der Möglichkeit zur Festsetzung von Branchenmindest- löhnen vor. Diese werden von den Zollbehörden kontrolliert. Eine Alternative zu dem mit Erfüllungsaufwand verbundenen Gesetzentwurf wäre es, die Arbeitnehme- rinnen und Arbeitnehmer allein auf die zivilrechtliche Durchsetzung der Mindest- lohnansprüche zu verweisen. Dadurch ließen sich die Kosten der Gesetzesvollzie- hung und Informationspflichten für die Wirtschaft vermeiden. Insbesondere im Bereich der einfachen und gering bezahlten Tätigkeiten setzen Ar- beitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre individualrechtlichen Ansprüche allerdings oftmals nicht durch. Damit würde das Ziel des Gesetzes, Mindestarbeitsbedingungen für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer effektiv zu gewährleisten und durch- zusetzen, nicht erreicht. ----------------------- Page 3----------------------- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2010 (neu) Zu Buchstabe b Annahme des Antrags. D. Kosten Zu Buchstabe a Die Einführung des Mindestlohns zum 1. Januar 2015 wird nach gegenwärtiger Ein- schätzung u. a. zu Steigerungen der Einnahmen der Sozialversicherung führen. Gleichzeitig werden sich im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch Minderausgaben durch einen verringerten Zahlbetrag für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Leis- tungen beziehen, ergeben. Die Kosten für die öffentliche Hand durch gestiegene Löhne und Gehälter lassen sich nicht quantifizieren. Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft Die finanziellen Auswirkungen des Mindestlohngesetzes lassen sich nur für das Jahr 2015 einigermaßen abschätzen. Die Entwicklung in den Folgejahren hängt von einer Reihe von Faktoren ab, für die sich keine nachvollziehbaren Annahmen treffen las- sen. In der Modellrechnung des BMAS für das Jahr 2015 erhöhen sich die Löhne von 3,7 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern durch die Einführung des Mindestlohns. Inklusive der Sozialversicherungsbeiträge sind damit Lohnkosten für die Wirtschaft in Höhe von 9,6 Mrd. Euro verbunden. Eine direkte Belastung für die Wirtschaft ergibt sich aber nur insoweit, wie Arbeit- geber die gestiegenen Löhne nicht über Preisanhebungen ausgleichen können. Die Gesamtsumme kann sich zudem reduzieren, wenn Branchen von der Möglichkeit Gebrauch machen, durch einen erstreckten Branchenmindestlohn unterhalb von 8,50 Euro zu entlohnen. Auch wenn die Bundesregierung grundsätzlich die getroffenen Annahmen für rea- listisch hält, wird jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die genannten Zah- len Ergebnis eines mit Unsicherheiten behafteten Rechenmodells sind und daher eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass nicht die tatsächliche Lohnentwicklung abgebildet wird. Bürokratiekosten entstehen für die Wirtschaft nur in geringem Maße. Kosten für die Verwaltung entstehen u. a. dadurch, dass die Mindestlohnkommission in ihrer Arbeit durch eine Geschäfts- und Informationsstelle unterstützt wird. Dafür werden pro Jahr Personalkosten in Höhe von 800 000 Euro sowie Kosten für Räume, technische Ausstattung in Höhe von 200 000 Euro und Kosten für Informationszwe- cke in Höhe von 100 000 Euro veranschlagt. Zusätzlich wird ein Personalaufwand für die Kontrolle des Mindestlohns durch die Zollbehörden entstehen. Gleichzeitig entfallen Kosten für die Verwaltung durch Aufhebung des Mindestarbeitsbedin- gungengesetzes. Zu Buchstabe b Kostenrechnungen wurden nicht angestellt. ----------------------- Page 4----------------------- Drucksache 18/2010 (neu) – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Beschlussempfehlung Der Bundestag wolle beschließen, a) den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/1558 mit folgenden Maßgaben, im Übrigen unverän- dert anzunehmen: 1. Artikel 1 wird wie folgt geändert: a) In § 2 Absatz 2 Satz 1 werden nach dem Wort „auszugleichen“ die Wörter „ ,soweit der Anspruch auf den Mindestlohn für die geleisteten Arbeitsstunden nach § 1 Ab- satz 1 nicht bereits durch Zahlung des verstetigten Arbeitsentgelts erfüllt ist“ ein- gefügt. b) In § 3 Satz 2 werden vor dem Wort „Anspruch“ das Wort „entstandenen“ und nach dem Wort „verzichten“ die Wörter „ ; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen“ eingefügt. c) § 9 wird wie folgt geändert: aa) Absatz 1 wird wie folgt geändert: aaa) In Satz 1 werden die Wörter „nach Ablauf der in § 24 genannten Übergangsfrist bis zum 10. Juni 2017“ durch die Wörter „bis zum 30. Juni 2016“ und die Angabe „2018“ durch die Angabe „2017“ ersetzt. bbb) In Satz 2 wird das Wort „jährlich“ durch die Wörter „alle zwei Jahre“ ersetzt. bb) Folgender Absatz 4 wird angefügt: „(4) Die Mindestlohnkommission evaluiert laufend die Auswirkun- gen des Mindestlohns auf den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeit- nehmer, die Wettbewerbsbedingungen und die Beschäftigung im Bezug auf bestimmte Branchen und Regionen sowie die Produktivität und stellt ihre Erkenntnisse der Bundesregierung in einem Bericht alle zwei Jahre gemeinsam mit ihrem Beschluss zur Verfügung.“ d) § 10 Absatz 3 Satz 1 wird wie folgt gefasst: „Die Mindestlohnkommission kann Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Vereinigungen von Arbeitgebern und Gewerkschaften, öffentlich- rechtliche Religionsgesellschaften, Wohlfahrtsverbände, Verbände, die wirtschaft- liche und soziale Interessen organisieren, sowie sonstige von der Anpassung des Mindestlohns Betroffene vor Beschlussfassung anhören.“ e) § 11 Absatz 2 Satz 1 wird wie folgt gefasst: „Vor Erlass der Rechtsverordnung erhalten die Spitzenorganisationen der Arbeit- geber und Arbeitnehmer, die Vereinigungen von Arbeitgebern und Gewerkschaf- ten, die öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften, die Wohlfahrtsverbände sowie die Verbände, die wirtschaftliche und soziale Interessen organisieren, Gele- genheit zur schriftlichen Stellungnahme.“ f) § 13 wird wie folgt gefasst: „§ 13 Haftung des Auftraggebers § 14 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes findet entsprechende Anwendung.“ g) § 17 wird wie folgt geändert: aa) In Absatz 1 Satz 2 werden nach dem Wort „Arbeitsleistung“ die Wörter „in einem der in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftszweige“ eingefügt. ----------------------- Page 5----------------------- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2010 (neu) bb) In Absatz 3 werden nach dem Wort „Arbeitgebers“ die Wörter „oder eines Entleihers“ eingefügt und wird nach dem Wort „hinsichtlich“ das Wort „der“ durch das Wort „bestimmter“ ersetzt. cc) Folgender Absatz 4 wird angefügt: „(4) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsver- ordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und So- ziales ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmen, wie die Verpflich- tung des Arbeitgebers, die tägliche Arbeitszeit bei ihm beschäftigter Ar- beitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufzuzeichnen und diese Aufzeich- nungen aufzubewahren, vereinfacht oder abgewandelt werden kann, so- fern Besonderheiten der zu erbringenden Werk- oder Dienstleistungen oder Besonderheiten des jeweiligen Wirtschaftsbereiches oder Wirt- schaftszweiges dies erfordern.“ h) § 19 Absatz 1 Satz 2 wird aufgehoben. i) § 22 wird wie folgt geändert: aa) Absatz 1 wird wie folgt gefasst: „(1) Dieses Gesetz gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Praktikantinnen und Praktikanten im Sinne des § 26 des Berufsbildungs- gesetzes gelten als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes, es sei denn, dass sie 1. ein Praktikum verpflichtend auf Grund einer schul-rechtlichen Be- stimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie leisten, 2. ein Praktikum von bis zu drei Monaten zur Orientierung für eine Be- rufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums leisten, 3. ein Praktikum von bis zu drei Monaten begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung leisten, wenn nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat, oder 4. an einer Einstiegsqualifizierung nach § 54a des Dritten Buches Sozi- algesetzbuch oder an einer Berufsausbildungsvorbereitung nach den §§ 68 bis 70 des Berufsbildungsgesetzes teilnehmen. Praktikantin oder Praktikant ist unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, wer sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Er- werb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betriebli- chen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbil- dungsgesetzes oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung handelt.“ bb) Absatz 4 wird wie folgt geändert: aaa) In Satz 1 wird nach der Angabe „§ 18“ die Angabe „Absatz 1“ eingefügt. bbb) In Satz 2 wird die Angabe „1. Januar 2017“ durch die Angabe „1. Juni 2016“ ersetzt. j) § 24 wird wie folgt geändert: aa) Der bisherige Wortlaut wird Absatz 1 und in Satz 1 wird die Angabe „2016“ durch die Angabe „2017“ ersetzt und werden nach dem Wort „sind“ die Wörter „ ; ab dem 1. Januar 2017 müssen abweichende Rege- lungen in diesem Sinne mindestens ein Entgelt von brutto 8,50 Euro je Zeitstunde vorsehen“ eingefügt. ----------------------- Page 6----------------------- Drucksache 18/2010 (neu) – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode bb) Folgender Absatz 2 wird angefügt: „(2) Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller haben ab dem 1. Januar 2015 einen Anspruch auf 75 Prozent und ab dem 1. Januar 2016 auf 85 Prozent des Mindestlohns nach § 1 Absatz 2 Satz 1. Vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2017 beträgt der Mindestlohn für Zeitungs- zustellerinnen und Zeitungszusteller brutto 8,50 Euro je Zeitstunde. Zei- tungszustellerinnen und Zeitungszusteller im Sinne der Sätze 1 und 2 sind Personen, die in einem Arbeitsverhältnis ausschließlich periodische Zei- tungen oder Zeitschriften an Endkunden zustellen; dies umfasst auch Zu- stellerinnen und Zusteller von Anzeigenblättern mit redaktionellem In- halt.“ 2. Artikel 2 wird wie folgt geändert: a) In Nummer 4 Buchstabe c wird Absatz 2a Satz 2 wie folgt gefasst: „Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Absatz 4 und 5 entsprechend.“ b) In Nummer 5 wird § 98 Absatz 3 Satz 2 wie folgt gefasst: „Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Absatz 4 und 5 entsprechend.“ 3. Nach Artikel 3 wird folgender Artikel 3a eingefügt: ‚Artikel 3a Änderung des Nachweisgesetzes Das Nachweisgesetz vom 20. Juli 1995 (BGBl. I S. 946), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2474) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. Dem § 1 wird folgender Satz angefügt: „Praktikanten, die gemäß § 22 Absatz 1 des Mindestlohngesetzes als Arbeitnehmer gelten, sind Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes.“ 2. In § 2 wird nach Absatz 1 folgender Absatz 1a eingefügt: „(1a) Wer einen Praktikanten einstellt, hat unverzüglich nach Abschluss des Praktikumsvertrages, spätestens vor Aufnahme der Praktikantentätigkeit, die we- sentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu un- terzeichnen und dem Praktikanten auszuhändigen. In die Niederschrift sind min- destens aufzunehmen: 1. der Name und die Anschrift der Vertragsparteien, 2. die mit dem Praktikum verfolgten Lern- und Ausbildungsziele, 3. Beginn und Dauer des Praktikums, 4. Dauer der regelmäßigen täglichen Praktikumszeit, 5. Zahlung und Höhe der Vergütung, 6. Dauer des Urlaubs, 7. ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die auf das Praktikumsverhältnis anzuwenden sind. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.“ ‘ 4. In Artikel 5 Nummer 1 Buchstabe a werden in Absatz 1 Satz 2 die Wörter „die Tarif- vertragsparteien darlegen, dass“ gestrichen. 5. Artikel 6 wird wie folgt geändert: a) Nummer 6 wird wie folgt geändert: ----------------------- Page 7----------------------- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2010 (neu) aa) Nach Buchstabe b wird folgender Buchstabe c eingefügt: ,c) In Absatz 4 werden nach dem Wort „Tarifverträge“ die Wörter „und paritätisch besetzten Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchli- cher Arbeitgeber zumindest teilweise im Geltungsbereich der Rechtsverordnung festlegen,“ eingefügt.‘ bb) Der bisherige Buchstabe c wird Buchstabe d. b) In Nummer 7 wird § 7a Absatz 3 Satz 1 wie folgt gefasst: „Vor Erlass der Rechtsverordnung gibt das Bundesministerium für Arbeit und So- ziales den in den Geltungsbereich der Rechtsverordnung fallenden und den mög- licherweise von ihr betroffenen Arbeitgebern sowie Arbeitnehmern und Arbeitneh- merinnen, den Parteien des Tarifvertrages sowie allen am Ausgang des Verfahrens interessierten Gewerkschaften, Vereinigungen der Arbeitgeber und paritätisch be- setzten Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingun- gen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen, Gelegenheit zur schriftli- chen Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab dem Tag der Bekanntmachung des Entwurfs der Rechtsverordnung.“ c) Nach Nummer 8 wird folgende Nummer 8a eingefügt: ,8a. In § 9 Satz 1 werden nach dem Wort „Verzicht“ die Wörter „auf den ent- standenen Anspruch“ und nach dem Wort „zulässig“ die Wörter „ ; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen“ eingefügt.‘ d) Der Nummer 12 wird folgender Buchstabe c angefügt: ‚c) Die folgenden Absätze 3 und 4 werden angefügt: „(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Verpflichtungen des Arbeitgebers oder eines Entleihers nach § 18 und den Absätzen 1 und 2 hinsichtlich einzelner Branchen oder Gruppen von Arbeitnehmern und Ar- beitnehmerinnen einschränken. (4) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverord- nung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmen, wie die Verpflichtung des Ar- beitgebers, die tägliche Arbeitszeit bei ihm beschäftigter Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen aufzubewah- ren, vereinfacht oder abgewandelt werden kann, sofern Besonderheiten der zu erbringenden Werk- oder Dienstleistungen oder Besonderheiten der Branche dies erfordern.“ ‘ d) In Nummer 16 wird § 24a wie folgt geändert: aa) Die Angabe „2016“ wird durch die Angabe „2017“ ersetzt. bb) Die Wörter „in § 1 des Mindestlohngesetzes“ werden durch die Wörter „nach dem Mindestlohngesetz“ ersetzt. cc) Die Wörter „des § 1 des Mindestlohngesetzes“ werden durch die Wörter „des Mindestlohngesetzes“ ersetzt. 6. Artikel 8 wird wie folgt gefasst: ‚Artikel 8 Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch Das Dritte Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594, 595), das zuletzt durch Artikel 11 des Gesetzes vom 19. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3836) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: ----------------------- Page 8----------------------- Drucksache 18/2010 (neu) – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Dem § 18 Absatz 1 wird folgender Satz angefügt: „Die Teilnahme an einer Maßnahme nach § 45 sowie Zeiten einer Erkrankung oder sonstiger Nichterwerbstätigkeit bis zu sechs Wochen unterbrechen die Dauer der Arbeitslosigkeit nicht.“ 2. Dem § 282a Absatz 2 wird folgender Satz angefügt: „Die in Satz 1 genannten Daten dürfen den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder auch übermittelt werden, wenn sie für Zwecke des Verdienststatistik- gesetzes erforderlich sind.“ ‘ 7. Artikel 9 wird wie folgt gefasst: ‚Artikel 9 Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch Das Vierte Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialver- sicherung – in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I S. 3710, 3973; 2011 I S. 363), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 19. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3836) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. In der Inhaltsangabe wird nach der Angabe zu § 114 folgende Angabe eingefügt: „§ 115 Geringfügige Beschäftigung und geringfügige selbständige Tätigkeit“. 2. Nach § 18f Absatz 2 wird folgender Absatz 2a eingefügt: „(2a) Die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder dürfen die Versi- cherungsnummer nur erheben, verarbeiten oder nutzen, soweit dies im Einzelfall für die Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe zur Erhebung statistischer Daten er- forderlich ist.“ 3. Nach § 114 wird folgender § 115 eingefügt: „§ 115 Geringfügige Beschäftigung und geringfügige selbständige Tätigkeit Vom 1. Januar 2015 bis einschließlich 31. Dezember 2018 gilt § 8 Absatz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjah- res auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäf- tigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 450 Euro im Monat übersteigt.“ ‘ 8. Artikel 15 wird wie folgt geändert: a) In Absatz 2 wird die Angabe „2016“ durch die Angabe „2017“ ersetzt. b) Folgender Absatz 3 wird angefügt: „(3) Artikel 9 Nummer 1 und 3 tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2018 außer Kraft.“ ; b) den Antrag auf Drucksache 18/590 abzulehnen. Berlin, den 2. Juli 2014 Der Ausschuss für Arbeit und Soziales Kerstin Griese Dr. Matthias Zimmer Vorsitzende Berichterstatter ----------------------- Page 9----------------------- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/2010 (neu) Bericht des Abgeordneten Dr. Matthias Zimmer A. Allgemeiner Teil I. Überweisung 1. Überweisung Der Gesetzentwurf auf Drucksache 18/1558 ist in der 39. Sitzung des Deutschen Bundestages am 5. Juni 2014 an den Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung sowie an den Innenausschuss, den Sportausschuss, den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, dem Haushaltsausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und Energie, den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft, den Ausschuss für Gesundheit so- wie an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zur Mitberatung überwiesen worden. Der Haushaltsausschuss befasst sich mit dem Gesetzentwurf darüber hinaus gemäß § 96 GO-BT. Der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung ist gutachtlich mit dem Entwurf befasst. Der Antrag auf Drucksache 18/590 ist in der 24. Sitzung des Deutschen Bundestages am 21. März 2014 an den Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung und an den Ausschuss für Wirtschaft und Energie sowie an den Ausschuss für Tourismus zur Mitberatung überwiesen worden. 2. Voten der mitberatenden Ausschüsse Der Sportausschuss, der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, der Haushaltsausschuss, der Aus- schuss für Wirtschaft und Energie, der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft, der Ausschuss für Gesundheit sowie der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung haben den Ge- setzentwurf auf Drucksache 18/1558 in ihren Sitzungen am 2. Juli 2014 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. die Annahme des Gesetzentwurfs in der vom Ausschuss geänderten Fassung empfohlen. Der Innenausschuss hat in seiner Sitzung am 2. Juli 2014 den Gesetzentwurf beraten und mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. die Annahme des Gesetzentwurfs empfohlen. Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie sowie der Ausschuss für Tourismus haben den Antrag auf Drucksache 18/590 in ihren Sitzungen am 2. Juli 2014 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung des An- trags empfohlen. II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen Zu Buchstabe a Ziel des Gesetzes ist es, die Tarifautonomie zu stärken und angemessene Arbeitsbedingungen für Arbeitneh- merinnen und Arbeitnehmer sicherzustellen. Die zunehmende Fragmentierung der Arbeitswelt erschwert den Tarifvertragsparteien strukturell die ihnen durch Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes überantwortete Ordnung des Arbeitslebens. Die Allgemeinverbindlicherklärung nach dem Tarifvertragsgesetz als Instrument zur Stüt- zung der tariflichen Ordnung durch Erstreckung der Rechtsnormen des Tarifvertrages wird daher erleichtert. Der Geltungsbereich des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und damit die Möglichkeit zur Erstreckung von Ta- rifverträgen durch Rechtsverordnung wird über den vorhandenen Katalog hinaus auf alle Branchen erweitert. Tarifgestützte Arbeitsbedingungen tragen dafür Sorge, dass anknüpfend an die autonomen Vereinbarungen der Tarifpartner ein angemessener Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gewährleistet wird. Insbeson- dere im Bereich einfacher Tätigkeiten sind die Tarifvertragsparteien oftmals nicht selbst in der Lage, Arbeit- nehmerinnen und Arbeitnehmer zu schützen, was zu unangemessen niedrigen Löhnen führt. Mit der Einfüh- rung eines allgemeinen Mindestlohns wird eine untere Grenze für die Entlohnung aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer festgelegt. Damit wird zugleich ein Beitrag zu fairen und funktionierenden Wettbewerbsbedin- gungen sowie zur Stabilität der sozialen Sicherungssysteme geleistet. Nach geltendem Recht besteht keine besondere Rechtswegzuweisung und keine besondere Verfahrensart, um die Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrages nach dem Tarifvertragsgesetz bzw. ----------------------- Page 10----------------------- Drucksache 18/2010 (neu) – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode einer Rechtsverordnung nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz oder dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verbindlich feststellen zu lassen. Durch Änderungen des Arbeitsgerichtsgesetzes werden künftig ausschließlich die Gerichte für Arbeitssachen für die Überprüfung einer Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrages nach dem Tarifvertragsgesetz sowie einer Rechtsverordnung nach § 7 oder § 7a des Arbeitnehmer-Entsende- gesetzes oder § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes zuständig. Die Rechtswegkonzentration soll zu einer erhöhten Rechtssicherheit führen. Zu Buchstabe b Die Initiatoren begrüßen die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns grundsätzlich, äußern aber Kri- tik an dessen gesetzlicher Ausgestaltung. So sei ein Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro brutto pro Stunde zu niedrig. Aus rentenpolitischer Perspektive müsse ein Mindeststundenlohn bei über 10 Euro brutto liegen, wenn er eine armutsfeste Rente ermöglichen solle. Bei einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn dürfe es ferner keine Ausnahmen für bestimmte Beschäftigtengruppen geben. Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaft- liche Institut habe berechnet, dass zwei Millionen Niedriglohnbeschäftigte keinen Mindestlohn erhalten wür- den, wenn man Rentnerinnen und Rentner, Studierende, Minijobberinnen und Minijobber, Schülerinnen und Schüler sowie hinzuverdienende Arbeitslose ausnehme. III. Öffentliche Anhörung von Sachverständigen Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Beratung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 18/1558 sowie des Antrags auf Drucksache 18/590 in seiner 15. Sitzung am 6. Juni 2014 aufgenommen und die Durchführung einer öffentlichen Anhörung von Sachverständigen beschlossen. Die Anhörung fand in der 16. Sitzung am 30. Juni 2014 statt. Die Teilnehmer der Anhörung haben schriftliche Stellungnahmen abgegeben, die in der Ausschussdrucksache 18(11)148 zusammengefasst sind. Folgende Verbände, Institutionen und Einzelsachverständige haben an der Anhörung teilgenommen: Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) – Bundesvorstand Bundesverband Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft Sachverständiger Burkhard Möller Sachverständige Uta Losem Sachverständiger Prof. Dr. Gregor Thüsing Sachverständiger Prof. Dr. Gerhard Bosch Sachverständiger Prof. Dr. Franz-Josef Düwell Sachverständiger Prof. Dr. Dr. h. c. Ulrich Preis Sachverständiger Dr. Thorsten Schulten. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) lehnt den Gesetzentwurf der Bundes- regierung ab. Es sei Aufgabe des Staates, die Tarifautonomie zu bewahren und Arbeitgebern ebenso wie Ge- werkschaften Rechtssicherheit und Rechtsklarheit durch einen gesetzlichen Rahmen an die Hand zu geben. Der Entwurf des „Tarifautonomiestärkungsgesetzes“ erfülle diese Vorgaben aber nicht. Der Mindestlohn sowie die übrigen Änderungen im Tarifvertragsgesetz (TVG) und Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) würden die Tarifautonomie schwächen und den Arbeitsmarkt erheblich belasten. Der Gesetzentwurf bedürfe daher der Korrektur. Um die Tarifautonomie zu schützen, müsse ein gesetzlich festgelegter Mindestlohn Tarifverträgen Vorrang einräumen. Entgeltvereinbarungen, die auf Tarifvereinbarungen basierten, dürften nicht durch einen gesetzli- chen Mindestlohn verdrängt werden. Der Gesetzentwurf sehe aber nicht einmal für bereits bestehende Tarif- verträge einen hinreichenden Schutz vor. Denn nach der Übergangsregelung sei Voraussetzung dafür, beste- hende oder bis zum 1. Januar 2017 abgeschlossene Tarifverträge von der Geltung des Mindestlohns nur dann auszunehmen, wenn die entsprechenden Vereinbarungen nach dem AEntG durch Rechtsverordnung erstreckt würden. Dies setze bundesweit geltende Tarifverträge über Mindestentgelte voraus. Noch nicht einmal alle ----------------------- Page 11----------------------- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/2010 (neu) geltenden Mindestentgeltsätze in Tarifverträgen beruhten allerdings auf bundesweiten Vereinbarungen. Für künftige Anpassungen des Mindestlohns müsse eine staatsferne Ausgestaltung gefunden werden. Tarifverhand- lungen und Tarifvereinbarungen dürften durch die Arbeit der geplanten Mindestlohnkommission nicht über- mäßig beeinträchtigt werden. Für die künftigen Anpassungen könne es zum Schutz der Tarifautonomie nur die Tarifentwicklung der jeweiligen zurückliegenden Jahre als Maßstab geben. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) spricht sich gegen die Einführung eines flächende- ckenden gesetzlichen Mindestlohns in Höhe von 8,50 Euro aus. Die Festsetzung der Höhe sei rein politisch motiviert, ohne dass im Vorfeld die zu erwartenden arbeitsmarktpolitischen Auswirkungen auch nur ansatz- weise analysiert worden seien. Noch schwerer als die politisch festgesetzte anfängliche Mindestlohnhöhe wö- gen für das Handwerk die Auswirkungen der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes auf die grundge- setzlich geschützte Tarifautonomie. Insgesamt befürchte das Handwerk mit dieser Gesetzesinitiative einen schweren Eingriff in die Tarifautonomie der Sozialpartner insbesondere mit negativen Auswirkungen auf die Tarifbindung sowohl auf Seiten der Arbeitgeberverbände als auch der Gewerkschaften. Zudem werde der ge- setzliche Mindestlohn den weiteren Aufbau sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung gerade im Niedrig- lohnbereich beeinträchtigen, die Beschäftigung von Problemgruppen am Arbeitsmarkt erschweren und zu Aus- weichbewegungen in Form verstärkter Solo-Selbstständigkeit bzw. Scheinselbstständigkeit, Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung führen. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sieht Deutschland mit den im Gesetzentwurf vorgeschlagenen 8,50 Euro bei der Relation des Mindestlohns zum mittleren Lohn im oberen Mittelfeld der OECD-Länder. Bei einem Einstiegsniveau von 10 Euro, wie von der Fraktion DIE LINKE. gefordert, läge Deutschland hingegen in der Spitzengruppe. Dies wäre nicht mehr moderat zu nennen. Insbesondere in Ost- deutschland müsse mit erheblichen Beschäftigungsrisiken gerechnet werden. Unter der Annahme konstanter Beschäftigung steige die gesamtwirtschaftliche Lohnsumme bei sofortiger Ein- führung eines flächendeckenden Mindestlohns in Höhe von 8,50 Euro zwischen rund 1,25 und etwa 1,6 Pro- zent. Auswirkungen auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft dürften nur gering ausfallen, da der Niedriglohnbereich schwerpunktmäßig bei den nicht-handelbaren Gütern und Dienstleistun- gen angesiedelt sei, in Sektoren also, die nicht der Weltmarktkonkurrenz ausgesetzt seien. Die Beschäftigungs- effekte eines allgemeinen Mindestlohns ließen sich zwar nicht genau vorhersagen. Die Arbeitsmarktsituation könnte sich aber gerade für Arbeitsuchende mit fehlender Berufsausbildung etc. schwieriger gestalten. Für diese Gruppen könnten arbeitsmarktpolitische Maßnahmen die Situation verbessern. Ferner sei die Einrichtung eines sozialen Arbeitsmarktes zu prüfen. Der Gesetzentwurf sehe wenige Ausnahmen vom Mindestlohn vor. Gegen zu viele Ausnahmeregelungen sprä- chen neben dem verfassungsrechtlichen Gebot der Gleichbehandlung zwei gewichtige Argumente: Erstens müsse ein Mindestlohn transparent sein, um sich durchzusetzen. Zweitens eröffneten differenzierte Mindest- löhne zusätzliche Umgehungsmöglichkeiten. Je kleinteiliger die Regelungen, desto mehr Umgehungsstrategien seien zu erwarten. Nicht geregelt sei bisher, ob für die Ausnahmetatbestände Lohnuntergrenzen gelten sollten. Bei Langzeitarbeitslosen und jungen Erwachsenen wäre auch eine Staffelung der Lohnuntergrenzen analog zur Staffelung bei Personen unter 21 Jahren in Großbritannien denkbar. Grundsätzlich sei zu bedenken, dass eine Diskriminierung nach Alter aus verfassungsrechtlicher Perspektive nicht gerechtfertigt sei. Im Rahmen einer verfassungsrechtlichen Betrachtung werde aber eine Ausnahme bei Jugendlichen dann als vertretbar angenom- men, wenn etwa bildungspolitische Argumente dafür sprächen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßt den Gesetzentwurf. Zudem seien Regelungen zur Bünde- lung des Rechtsweges in der Arbeitsgerichtsbarkeit für Fragen der Rechtmäßigkeit einer Allgemeinverbindli- cherklärung bzw. einer diesbezüglichen Rechtsverordnung vorgesehen, die weitgehend Zustimmung fänden. Dies sei ein großer Schritt für eine neue Ordnung der Arbeit, stärke das Tarifvertragssystem und stelle einen Meilenstein in der sozialen Absicherung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dar. Insbesondere die Einführung eines gesetzlichen, unabdingbaren, flächendeckenden Mindestlohnes von min- destens 8,50 Euro pro Stunde sei ein großer sozialer Fortschritt. Lohndumping durch niedrigere Löhne von inländischen und nach Deutschland entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern solle dadurch unter- bunden werden. Den verfassungs-, europa- und völkerrechtlichen Vorgaben werde dadurch Rechnung getra- gen. Nicht zuletzt dadurch solle eine sozial längst überfällige Flankierung der Freizügigkeit in Europa bei einer zentralen Mindestbedingung endlich erfüllt werden. Dies werde aber mit dem Gesetzentwurf nur partiell tat- sächlich realisiert. Der DGB und seine Gewerkschaften seien der Auffassung, dass dieser Mindestlohn für alle ----------------------- Page 12----------------------- Drucksache 18/2010 (neu) – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode in Deutschland tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Praktikantinnen und Praktikanten außer- halb eines studien- oder ausbildungsbegleitenden Praktikums gelten müsse. Die vorgesehenen Ausnahmen für Jugendliche, für die Vergütung von bestimmten Praktika und von Langzeitarbeitslosen beim beruflichen Wie- dereinstieg lehne man ab. Dies gelte auch für in der Öffentlichkeit diskutierte weitere Ausnahmen. Insofern seien diese Regelungsvorschläge im Gesetzentwurf nicht sachgerecht. Ausnahmen dieser Art seien aus verfas- sungsrechtlichen, europarechtlichen und völkerrechtlichen Gründen unzulässig. Das Ziel der Begrenzung des Lohndumpings in einem untersten Bereich werde dadurch nicht eingelöst, sondern infolge der Ausnahmen würden weitere Umgehungsmöglichkeiten eröffnet. Hier werde insbesondere den Arbeitgebern bei der Entsen- dung von Beschäftigten nach Deutschland, die von anderen Rechtsordnungen als arbeitslos definiert würden, Tür und Tor geöffnet. Konsequent seien die vorgesehenen Maßnahmen, mit denen der Mindestlohn in der Praxis besser durchgesetzt werden könne. Dadurch würden die Chancen erhöht, dass die arbeitenden Menschen in Deutschland tatsächlich diesen Mindestlohn erhielten. Die Unternehmerhaftung müsse aber uneingeschränkt und ohne Entlastungs- möglichkeit des Auftraggebers zur Anwendung kommen, weil sie sonst ihr Ziel verfehle. Die Durchsetzungs- möglichkeiten reichten nicht aus, tatsächlich effektiv den Missbrauch zu unterbinden. Die Möglichkeit, den Verstoß gegen die korrekte Höhe des Mindestlohnes auch durch den Einzelnen direkt öffentlichen Stellen bekannt zu machen, sei zu begrüßen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer seien aber zusätzlich durch konkrete gesetzliche Regelungen vor möglichen späteren Problemen mit ihren Arbeitgebern zu schützen, indem Rechtsnachteile oder Benachteiligungen verboten und bei Zuwiderhandlungen den Arbeit- gebern drastische Sanktionen angedroht würden. Die Kontrolltätigkeit durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit müsse effizient sein. Dafür müssten die über 500 derzeit offenen Stellen endlich besetzt und die Sach- und Personalausstattung insgesamt deutlich verbessert werden. Der Bundesverband Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft befürwortet die gesetzgeberische Intention, durch die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- mer vor unangemessen niedrigen Löhnen zu schützen. Der Erfolg dieses Vorhabens sei jedoch entscheidend davon abhängig, ob hinreichende personelle Voraussetzungen für eine wirksame Kontrolle durch die Bundes- zollverwaltung geschaffen würden und klare Regelungen bestünden, die eine effektive Tätigkeit der Finanz- kontrolle Schwarzarbeit (FKS) ermöglichten. Die Aussagen im Allgemeinen Teil der Begründung des Gesetz- entwurfs zum Erfüllungsaufwand der Verwaltung, wonach die Einführung des Mindestlohns höhere Personal- und Sachkosten mit sich bringe, seien zu pauschal. In Deutschland seien bei Einführung des gesetzlichen Min- destlohns potenziell rund 4,5 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von der Neuregelung betroffen, was einen personellen Mehrbedarf von 2 000 bis 2 500 Beschäftigten in der FKS auslöse, wenn eine hinrei- chende Prüfquote erreicht werden solle. Diese Personalausstattung weiche von dem vom Bundestag bisher anerkannten Personalbedarf in Höhe von rund 1 600 zusätzlichen Beschäftigten ab. Der Sachverständige Burkhard Möller kritisiert u. a. den Gesetzentwurf als gravierenden Eingriff in die Tarifautonomie. Die überwiegend bis zum Ende des Jahres 2018 laufenden tarifvertraglichen Regelungen für die unterste Lohngruppe in den Bereichen Land- und Forstwirtschaft und Gartenbau würden durch das Min- destlohngesetz aufgehoben. Der in den tariflichen Regelungen zum Ausdruck kommende gemeinsame Wille von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaft werde vom Gesetzgeber ignoriert. Die Festsetzung eines Min- destlohns sei ein erheblicher Eingriff in die Marktwirtschaft. Betroffen seien vor allem Sonderkulturbetriebe, die ca. 300 000 Saisonarbeitskräfte im Jahr in Deutschland beschäftigten, aber auch Betriebe, die gering qua- lifizierten Arbeitskräften Arbeitsplätze böten. Aufgrund der bestehenden Konkurrenz zu Wettbewerbern im Ausland und der dort geltenden niedrigen Löhne würden Erzeugnisse aus dem Ausland deutsche Erzeugnisse verdrängen. Dies werde zu Arbeitsplatzverlusten und zur Schließung von Betrieben in Deutschland führen. Daher seien im Mindestlohngesetz zumindest spezifische Regelungen für Saisonarbeitskräfte erforderlich. Die Sachverständige Uta Losem begrüßt grundsätzlich die Einführung eines allgemeinen Mindestlohns, um den Auswüchsen unregulierter Arbeitsmärkte entgegenzutreten. Es sollte bei Einführung eines Mindestlohns von 8,50 Euro aber auch staatlicherseits zweifelsfrei sein, dass der Mindestlohn ebenso bei Fördermaßnahmen von langzeitarbeitslosen Menschen, erwerbsgeminderten Menschen im SGB XII und bei Menschen mit Behin- derung refinanziert werde. Die Fördermittel müssten entsprechend angehoben werden. Ebenso zu befürworten sei das Ziel, die Tarifautonomie und die Tarifbindung in Deutschland wieder zu stärken. Das Gesetzgebungs- vorhaben lasse aber insgesamt den verfassungsrechtlich geschützten dritten Weg der Kirchen im Arbeitsrecht unberücksichtigt. Hier bestehe auch aus verfassungsrechtlicher Perspektive gesetzgeberischer Nachholbedarf. ----------------------- Page 13----------------------- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/2010 (neu) Es müsse sichergestellt werden, dass die durch Tarifverträge und auf dem dritten Weg zustande gekommenen Löhne Grundlage der Refinanzierung durch die Sozialkassen und die öffentliche Hand seien und nicht durch die Mindestlöhne verdrängt würden. Der Sachverständige Prof. Dr. Gregor Thüsing fordert Verbesserungen am Gesetzentwurf. Der Ausschluss von Arbeitnehmern ohne Ausbildung aus dem gesetzlichen Mindestlohn müsse zur Wahrung der Verhältnis- mäßigkeit auf solche Arbeitnehmergruppen beschränkt werden, die typischerweise vor der Wahl stehen, ein Arbeitsangebot anzunehmen oder eine Ausbildungsstelle anzutreten. Zur Konturierung dieser Arbeitneh- mergruppen könne eine Altersgrenze das geeignete Instrument sein. Diese habe sich in erster Linie am typi- schen Alter von Auszubildenden zu orientieren und werde durch das 18. Lebensjahr nicht hinreichend abgebil- det. Verfassungsrechtlich sei es besser, auf ein Alter zwischen 23 und 25 Jahren abzustellen. Es sei ferner angezeigt, auch dort eine Ausnahme vom Mindestlohn zuzulassen, wo dieser auf der einen Seite seine Zwecke nicht erfüllen könne, auf der anderen Seite aber erhebliche Nachteile für andere Rechtsgüter und Interessen mit sich bringe. Hier sei eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung durch die Schaffung einer Ausnahmerege- lung möglich. Eine solche Konstellation bestehe bei der Einbeziehung von Saisonarbeitskräften in der Land- wirtschaft in die Regelungen zum Mindestlohn und ggf. auch im Bereich der Zeitungszusteller. Eine Ausnah- meregelung vom Mindestlohn für Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft sollte jedoch eng gefasst sein und nur auf die Fälle Anwendung finden, in denen die mit der Einführung des Mindestlohns verfolgten Ziele nicht beeinträchtigt würden. Der Sachverständige Prof. Dr. Gerhard Bosch erinnert daran, dass der Mindestlohn spät komme und der Lohnunterbietungswettbewerb in Deutschland fast 20 Jahre lang die soziale Marktwirtschaft habe untergraben können. Daher handele es sich hierbei nicht um einen kleineren kosmetischen Eingriff, sondern um eine der größten Sozialreformen der Nachkriegszeit. Weitgehend unstrittig sei, dass die geplante Mindestlohneinfüh- rung in Deutschland im Vergleich zu den meisten anderen Ländern für einen vergleichsweise hohen Anteil der Beschäftigten zu Stundenlohnerhöhungen führen werde. Ein nicht unerheblicher Teil der Beschäftigten werde durch die Einführung des Mindestlohns Anspruch auf kräftige Lohnerhöhungen haben. Dies gelte in besonderer Weise für Beschäftigte in Minijobs, die von allen Beschäftigungsformen den höchsten Niedriglohnanteil hätten und in denen Beschäftigte – entgegen den gesetzlichen Vorschriften – oft weder bezahlten Urlaub erhielten, noch vergütete Feier- und Krankheitstage. Die Evaluationen zu den Wirkungen der Branchenmindestlöhne in Deutschland, die teilweise deutlich über 8,50 Euro lägen, hätten übereinstimmend keine negativen Beschäftigungseffekte festgestellt. Sie hätten auch gezeigt, dass Mindestlöhne Geschäftsmodelle erschwerten, die auf Lohnunterbietung basierten, und dass die Nachfrage zu effizienteren Unternehmen wandere. Dass die in den letzten beiden Jahrzehnten evaluierten Min- destlöhne keine negativen Beschäftigungseffekte hätten, sei kein Freibrief für die Einführung eines Mindest- lohnes in beliebiger Höhe. Die positiven oder neutralen Zusammenhänge zwischen Löhnen und Beschäftigung gälten nur für bestimmte Spielräume, darüber hinaus könnten die Wirkungen negativ werden. Der Sachverständige Prof. Dr. Franz-Josef Düwell beurteilt die Einführung eines gesetzlichen Mindeststun- denentgelts angesichts des in Deutschland bestehenden großen Niedriglohnsektors als sozialpolitisch notwen- dig. Zu Recht werde im Regierungsentwurf diese gesetzgeberische Maßnahme in ein umfassendes Programm zur Stärkung der bereits vorhandenen arbeitsrechtlichen Instrumente eingebettet. Soweit von den Tarifver- tragsparteien existenzsichernde Mindestarbeitsbedingungen vereinbart würden, müssten diese auch mit den bewährten arbeitsrechtlichen Instrumenten der Allgemeinverbindlicherklärung und Rechtsverordnung auf nicht tarifgebundene Arbeitsverhältnisse erstreckt werden können. Damit dies geschehen könne, sei angesichts der in den Niedriglohnbereichen zu Tage getretenen Abnahme der Tarifbindung und der kontinuierlich gesun- kenen Zahl der Allgemeinverbindlicherklärungen eine Überprüfung der Voraussetzungen und des Verfahrens der Allgemeinverbindlicherklärung geboten. Ziel müsse sein, verbesserte Möglichkeiten zu schaffen, um Ge- schäftsmodelle abwehren zu können, die – weil sie auf Lohndumping setzten – soziale Missstände hervorbräch- ten oder bewährte gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien in ihrer Funktionsfähigkeit gefährde- ten. Die im Regierungsentwurf dazu beabsichtigten Maßnahmen seien geeignet und erforderlich. Sie bedürften jedoch im Detail noch einiger Korrekturen. So sei u. a. unklar, inwieweit die Regelung des Mindestlohnes auch für Zeiten der Nichtarbeit gelte. Soweit der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung habe, sollte der Mindestlohn sowohl bei krankheitsbe- dingter Arbeitsunfähigkeit und Urlaub als auch bei allen anderen gesetzlichen Tatbeständen der Entgeltfort- zahlung geschuldet werden. Es genüge eine Klarstellung in der Beschlussempfehlung des Ausschusses. Ferner sei zu Recht als Mittel gegen den Missbrauch von Arbeitszeitkonten im Rahmen von Teilzeitbeschäftigung ----------------------- Page 14----------------------- Drucksache 18/2010 (neu) – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode eine Höchstgrenze für den Aufbau von Guthaben festgelegt worden. Der Schwellenwert sei jedoch mit 50 Pro- zent der vereinbarten Arbeitszeit zu hoch angesetzt. Eine Absenkung auf mindestens 25 Prozent werde emp- fohlen, um den Aufbau von Scheinguthaben zu begrenzen. Zu § 13 MiLoG: Aus der Gesetzesbegründung könne entnommen werden, dass unter „Unternehmen“ i. S. d. § 13 MiLoG nicht ein Auftraggeber der öffentlichen Hand zu verstehen sei. Dies wäre eine sachwidrige Privi- legierung der öffentlichen Hand. Soziales Fehlverhalten der öffentlichen Hand bei der Auswahl des Auftrag- nehmers dürfe nicht sanktionslos bleiben. Der Anwendungsbereich der Bürgenhaftung in § 13 MiLoG sei ent- sprechend zu erweitern. Ebenso solle klargestellt werden, ob die Bürgenhaftung bei Übergang auf die Bunde- sagentur für Arbeit mit übergehe. Der Sachverständige Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Preis sieht im Grundsatz keine verfassungsrechtlichen Beden- ken gegenüber den Regelungen des Gesetzentwurfs. Lediglich die Ausnahme in § 22 Absatz 2 MiLoG für Jugendliche unter 18 Jahren sei ein nicht folgerichtiges, zweckwidriges, ungeeignetes und unverhältnismäßiges Mittel. Es empfehle sich insgesamt, in einzelnen Fragen des Gesetzentwurfes Präzisierungen vorzunehmen. Zur Begründung wird u. a. ausgeführt, dass in einem erheblichen Teil des deutschen Arbeitsmarktes, insbeson- dere in den neuen Bundesländern, bestimmte Branchen oder Gebiete durch tarifvertragliche Regelungen nicht erfasst werden könnten. Mit dem Tarifautonomiestärkungsgesetz reagiere der Gesetzgeber auf dieses Problem. Die Tarifbindung sei allein in den Jahren 1998 bis 2012 von 74 Prozent auf 58 Prozent gesunken. In den tarif- losen Bereichen des Arbeitsmarktes versagten sowohl die tarifgestützten Mindestlöhne nach dem Arbeitneh- mer-Entsendegesetz (AEntG) als auch die Allgemeinverbindlicherklärung nach § 5 TVG. Ferner sei nach Da- ten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und des Statistischen Bundesamtes seit dem Jahr 2001 die Zahl der Voll- und Teilzeitbeschäftigten mit einem Niedriglohn von 17,4 Prozent auf 21,7 Prozent gestiegen. Zwischen 11 Prozent und 15 Prozent aller Beschäftigten verdienten weniger als 8,50 Euro pro Stunde. Die bestehenden Instrumente zur Sicherung von Mindestentlohnung (Allgemeinverbindlicherklärung, per Rechts- verordnung angeordnete tarifgestützte Mindestlöhne) könnten weder sicherstellen, dass in einer Branche über- haupt Tarifverträge geschlossen würden, noch dass eine existenzsichernde Mindesthöhe erreicht werde. Im Einzelnen wird u. a. ausgeführt, dass der Gesetzentwurf mit Ausnahmen vom persönlichen Geltungsbereich des Mindestlohns sehr zurückhaltend sei. § 22 Absatz 1 Satz 2 MiloG stelle Praktikantinnen und Praktikanten im Sinne des § 26 BBiG Arbeitnehmern gleich und bedeute eher eine sachgerechte Erstreckung des Mindest- lohns auf Volontäre und Trainees. Der Sachverständige Dr. Thorsten Schulten kommt zu dem Fazit, dass mit dem Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie eine dringend notwendige Wende auf dem deutschen Arbeitsmarkt eingeleitet wird. Die Posi- tion der Beschäftigten werde gestärkt und wichtige Voraussetzungen für eine Re-Stabilisierung des Tarifver- tragssystems würden geschaffen. Um eine möglichst weitreichende Wirksamkeit des Gesetzes sicherzustellen, sollte noch eine Reihe einzelner Regelungen verbessert werden. Hierzu zählten vor allem die präzise Definition des Mindestlohnbegriffes mit einem Fokus auf dem regelmäßigen Grundgehalt; die Einbeziehung von Jugend- lichen und Langzeitarbeitslosen in den Geltungsbereich des Mindestlohns und die Präzisierung der Ausnah- mereglungen für Praktikanten und Ehrenamtliche, um Missbrauch zu vermeiden. Der Mindestlohn solle ferner spätestens ab 1. Januar 2017 angepasst und ein Umsetzungs- und Kontrollkonzept einschließlich der personel- len Aufstockung der FKS entwickelt werden. Außerdem solle ein Verbandsklagerecht für Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften zur Sicherung der Mindestlohnansprüche eingeführt werden. Nötig sei auch die Verände- rung des Abstimmungsmodus im Tarifausschuss bei AVE-Anträgen, um Blockaden durch eine Seite zu ver- meiden. Weitere Einzelheiten der Stellungnahmen sind der Materialzusammenstellung auf den Ausschussdrucksachen 18(11)148 und 18(11)170 sowie dem Protokoll der Anhörung zu entnehmen. IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/1558 in seiner 17. Sitzung am 2. Juli 2014 abschließend beraten und dem Deutschen Bundestag mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. die An- nahme in der vom Ausschuss geänderten Fassung empfohlen. Zu einzelnen Regelungen des Gesetzentwurfs machten die Fraktionen der CDU/CSU und SPD im Laufe der Ausschussberatungen eine Reihe ergänzender bzw. konkretisierender Ausführungen, durch welche der Wille der Mehrheitsfraktionen in besonderer Weise zum Ausdruck gebracht werden soll: ----------------------- Page 15----------------------- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/2010 (neu) 1. Bei dem Mindestlohn handele es sich um einen „Mindestentgeltsatz“ im Sinne des § 2 Nummer 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, so dass die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs zur Auslegung der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen gälten. Hiernach seien solche Zahlungen des Arbeitgebers als Bestandteile des Mindestlohns anzuerkennen, die nicht das Verhältnis zwischen der Leis- tung des Arbeitnehmers und der von ihm erhaltenen Gegenleistung veränderten (funktionale Gleichwertigkeit der zu vergleichenden Leistungen). Zahlungen, die eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer als Ausgleich für zusätzliche Leistungen erhalte, wenn sie oder er auf Verlangen ein Mehr an Arbeit oder Arbeitsstunden unter besonderen Bedingungen leistete (Sonntags-, Feiertags-, Nachtarbeits-, Schichtarbeits-, Überstundenzu- schläge), seien nach diesen Kriterien nicht berücksichtigungsfähig. Durch den Europäischen Gerichtshof sei auch geklärt, dass Leistungen wie Weihnachtsgeld oder ein zusätzliches Urlaubsgeld nur dann als Bestandteil des Mindestlohns gewertet werden könnten, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer den auf die Ent- sendezeit entfallenden anteiligen Betrag jeweils zu dem für den Mindestlohn maßgeblichen Fälligkeitsdatum tatsächlich und unwiderruflich ausbezahlt erhalte. 2. Ob ein sog. Wegegeld eine Leistung des Arbeitgebers sei, die geeignet sei, den gesetzlichen Mindest- lohnanspruch des Arbeitnehmers teilweise zu tilgen, hänge davon ab, welchen Zwecken das Wegegeld diene. Ein Wegegeld könne als Ersatz für Fahrtkosten (Aufwendungsersatz) wie auch zur Bezahlung für die zur Zu- rücklegung des Wegs erforderliche Zeit (Entgelt) gezahlt werden. Das Mindestlohngesetz regele nicht explizit, durch welche Leistungen der Arbeitgeber den Mindestlohnspruch des Arbeitnehmers erfüllen könne. Insoweit gälten auch die vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Grundsätze. Nicht berücksichtigungsfähig seien insofern Aufwandsentschädigungen, die der Arbeitgeber – ggfs. auch pauschaliert – leiste. Soweit mit dem Wegegeld beispielsweise ein besonderer Fahrtaufwand des Arbeitnehmers abgegolten werde, mindere das Wegegeld den gesetzlichen Mindestlohnanspruch des Arbeit- nehmers nicht. Leiste der Arbeitgeber das Wegegeld dagegen als echten Entgeltbestandteil, sei dieses grundsätzlich geeignet, den gesetzlichen Mindestlohnanspruch des Arbeitnehmers zu tilgen. Solche Wegegelder seien zum Beispiel denkbar im Rahmen der Zustellung von Presseerzeugnissen, wenn der Arbeitgeber in strukturschwachen, aber wegintensiven Zustellbezirken ein allgemein geltendes Stücklohnmodell durch die zusätzliche Zahlung eines Wegegeldes „aufstockt“, um dadurch im Ergebnis den Mindestlohn von brutto 8,50 Euro je Zeitstunde zu er- reichen. 3. Die Koalitionsfraktionen seien mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales darin einig, dass ehrenamtliche Übungsleiter und andere ehrenamtlich tätige Mitarbeiter in Sportvereinen nicht unter dieses Ge- setz fielen. Von einer „ehrenamtlichen Tätigkeit“ im Sinne des § 22 Absatz 3 MiLoG sei immer dann auszu- gehen, wenn sie nicht von der Erwartung einer adäquaten finanziellen Gegenleistung, sondern von dem Willen geprägt sei, sich für das Gemeinwohl einzusetzen. Liege diese Voraussetzung vor, seien auch Aufwandsent- schädigungen für mehrere ehrenamtliche Tätigkeiten, unabhängig von ihrer Höhe, unschädlich. Auch Amateur- und Vertragssportler fielen nicht unter den Arbeitnehmerbegriff, wenn ihre ehrenamtliche sportliche Betäti- gung und nicht die finanzielle Gegenleistung für ihre Tätigkeit im Vordergrund stünde. 4. Die Koalitionsfraktionen stimmten ferner mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales über- ein, dass mit der Evaluation des Gesetzes sofort begonnen werden müsse und eine Nullpunkt-Messung schon vor Einführung des Mindestlohns notwendig sei. Darüber hinaus sagte das BMAS zu, zu überprüfen, ob eine Beauftragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) mit einem Arbeitsmarktmonitor Min- destlohn möglich sei, um zeitnah die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt durch Einführung eines allgemeinen Mindestlohns zu beobachten und diesen Bericht jährlich vorzulegen. 5. Nach dem Koalitionsvertrag solle die Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) nach dem Tarifvertrags- gesetz erleichtert werden. „In Zukunft soll es für eine AVE nicht mehr erforderlich sein, dass die tarifgebun- denen Arbeitgeber mindestens 50 Prozent der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeit- nehmer beschäftigten. Ausreichend ist das Vorliegen eines besonderen öffentlichen Interesses.“ Dieses sei nach dem Koalitionsvertrag insbesondere dann gegeben, wenn „die Tarifvertragsparteien eine Tarifbindung von mindestens 50 Prozent glaubhaft darlegen.“ Daraus ergebe sich, dass nach dem Koalitionsvertrag das öffentli- che Interesse an der AVE danach in der Regel auch dann vorliege, wenn sich der Tarifvertrag in seinem Gel- tungsbereich durch „faktische Anwendung“ durchgesetzt habe. ----------------------- Page 16----------------------- Drucksache 18/2010 (neu) – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Dieser Auftrag des Koalitionsvertrages werde durch § 5 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 TVG umgesetzt. Danach erscheine die AVE in der Regel im öffentlichen Interesse geboten, wenn der Tarifvertrag in seinem Geltungs- bereich für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen überwiegende Bedeutung erlangt habe. Der Begriff „über- wiegende Bedeutung“ sei verwendet worden, um entsprechend den Vorgaben des Koalitionsvertrages in der Prüfung auch die „faktische Anwendung“ von Tarifverträgen berücksichtigen zu können. Die Begründung führe zum Begriff „überwiegende Bedeutung“ aus, dass zunächst – wie schon bisher – die mitgliedschaftliche Tarifbindung zu betrachten sei. Darüber hinaus könnten künftig für die überwiegende Bedeutung des Tarifver- trages sämtliche Arbeitsverhältnisse herangezogen werden, die tarifgemäß ausgestaltet seien. Es dürften also auch inhaltsgleiche Anschlusstarifverträge, vertragliche Inbezugnahmen sowie die anderweitige Orientierung des Arbeitsverhältnisses an den tariflichen Regelungen berücksichtigt werden. Nicht hinreichend sei nach § 5 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 TVG, dass sich der Tarifvertrag bloß relativ im Vergleich zu anderen Tarifverträgen durchgesetzt haben müsse. Dies ergebe sich zunächst bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, wonach der Tarifvertrag in seinem Geltungsbereich für die Gestaltung der Arbeitsbe- dingungen überwiegende Bedeutung erlangt habe. Der Bezugspunkt für das „Überwiegen“ seien somit sämtli- che Arbeitsverhältnisse, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fielen. Für die Gestaltung der Arbeits- bedingungen dieser Arbeitsverhältnisse müsse der Tarifvertrag überwiegende Bedeutung erlangt haben. Neben dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ergebe sich dies auch aus der Begründung, die hierzu ausführe: „Hat sich der Tarifvertrag in seinem Geltungsbereich überwiegend durchgesetzt, so überwiegt grundsätzlich das Interesse an der Abstützung der tariflichen Ordnung gegenüber der Arbeitsvertragsfreiheit der Arbeitgeber, die keine Tarifverträge anwenden.“ Auch hieraus werde deutlich, dass der in Rede stehende Tarifvertrag insgesamt – also im Vergleich zu Arbeitgebern, die die Arbeitsbedingungen ihrer Beschäftigten nicht entsprechend ge- stalteten – überwiegende Bedeutung erlangt haben müsse. 6. Die Koalitionsfraktionen nähmen zur Kenntnis, dass mit dem Dialog- und Vermittlungsverfahren zur Rücknahme von A1-Bescheinigungen in Fällen von Irrtum und Betrug ein etabliertes Verfahren auf europäi- scher Ebene für die Mitgliedstaaten zur Verfügung stehe. Ferner erwarte man von der Bundesregierung, die weitere Entwicklung aufmerksam zu beobachten und sich für eine Weiterentwicklung und Verbesserung des Verfahrens zur Rücknahme von A1-Bescheinigungen ein- zusetzen, soweit dies erforderlich sein sollte. Dabei werde begrüßt, dass sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene für einen besseren Schutz von A1-Bescheinigungen gegen Fälschung einsetze und die Europäische Kommission auf deutsche Initiative hin die kurzfristige Einführung entsprechender Maßnahmen beschlossen habe, mit denen das Risiko von Fälschun- gen deutlich verringert werde. Die Bundesregierung solle die Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen zum besseren Schutz von A1-Beschei- nigungen gegen Fälschung eng begleiten sowie auch die künftige Entwicklung im Blick behalten. Desgleichen solle die Bundesregierung prüfen, ob auch die Überweisung der an die Sozialversicherung des Herkunftslands zu Unrecht gezahlten Sozialbeiträge vom dortigen Träger direkt an die deutsche Sozialversi- cherung eine Option sein könne, den besonderen Belastungen landwirtschaftlicher Arbeitgeber zu begegnen, wenn ihnen Saisonarbeitnehmer gefälschte A1-Bescheinigungen vorlegten. Denn die davon betroffenen Land- wirte hätten nach Aufdeckung solcher Betrugsfälle einen erheblichen administrativen Aufwand und müssten häufig erneut Sozialversicherungsbeiträge an die deutschen Sozialversicherungsträger zahlen, ohne ihren Er- stattungsanspruch gegen den Sozialversicherungsträger des Herkunftslandes vollständig geltend machen zu können. Man sehe hierin eine besondere Belastung der Arbeitgeber in der Landwirtschaft. Bei der Prüfung der Proble- matik seien sowohl die europarechtlichen Rahmenbedingungen als auch die Verhinderung eines Leistungs- missbrauches durch den günstigen Erwerb von Ansprüchen durch den Arbeitnehmer zu beachten. Dabei solle eine zeitnahe Lösung angestrebt werden. 7. Die Koalitionsfraktionen wiesen darauf hin, dass die Bundesregierung in der Gegenäußerung zum Ge- setzentwurf bereits klargestellt habe, welche Lohnbestandteile auf den gesetzlichen Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz angerechnet werden könnten. Ergänzend würden das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft sowie das Bundesministerium der Finan- zen für den Fall der Saisonarbeit entsprechend § 107 Gewerbeordnung und der Sozialversicherungsentgeltver- ordnung festlegen, dass und inwieweit vom Arbeitgeber gewährte Kost und Logis auf den gesetzlichen Min- destlohn angerechnet werden könnten. Diese Klarstellungen würden auch für die Kontrollen der Finanzkon- trolle Schwarzarbeit gelten und den Bediensteten entsprechend mitgeteilt werden. ----------------------- Page 17----------------------- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/2010 (neu) 8. Integrationsunternehmen (§§ 132 ff. SGB IX) beschäftigten überdurchschnittlich viele besonders be- troffene schwerbehinderte Menschen, nämlich 25 bis 50 Prozent. Das seien beispielsweise schwerbehinderte Menschen mit einer geistigen oder seelischen Behinderung. Integrationsunternehmen seien Unternehmen des allgemeinen Arbeitsmarktes. In Integrationsunternehmen arbeiteten auch nicht behinderte Menschen. Entsprechend dem Grundsatz der In- klusion würden alle Beschäftigten zu den gleichen Bedingungen beschäftigt. Wie in anderen Unternehmen gälten also arbeitsrechtliche, tarifvertragliche und sozialversicherungsrechtliche Vorschriften und damit künf- tig auch der Mindestlohn für alle Beschäftigten eines Integrationsunternehmens. Schon heute könnten die Integrationsämter der Länder aus der Ausgleichsabgabe Lohnkostenzuschüsse an In- tegrationsunternehmen leisten (wie an andere Unternehmen auch). Rechtsgrundlage sei § 27 der Schwerbehin- dertenausgleichsabgabeverordnung (sog. Außergewöhnliche Belastungen). Diese Regelung werde noch an Be- deutung gewinnen, wenn der Mindestlohn in Integrationsunternehmen zu höheren Löhnen führe. Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD, sowie das Bundesministerium für Arbeit und Soziales versicherten, dass sie die Entwicklung der Integrationsbetriebe genau beobachteten und gegebenenfalls eine Anpassung der Förderbedingungen, gegebenenfalls auch für andere Personen mit multiplen Vermittlungshemmnissen, die ei- nen Eingliederungszuschuss erhielten, vornehmen würden, sollte sich aufgrund der Einführung des Mindest- lohnes eine Notwendigkeit dafür abzeichnen. Auf die Frage der Fraktion der SPD, ob unter § 5 Absatz 1a TVG in der Fassung des Regierungsentwurfs auch Tarifverträge, und zwar als Ganzes, fielen, die ggf. neben anderen Regelungen z. B. Bestimmungen über Ur- laubs-, Altersversorgungs- oder Berufsausbildungsleistungen enthielten, die von einer gemeinsamen Einrich- tung an die tarifgebundenen Arbeitnehmer oder Arbeitgeber gewährt würden, erklärte das Bundesministerium, dass dies der Fall sei. Unter § 5 Absatz 1a TVG fielen alle Tarifverträge, in denen Aufgaben und Leistungen einer gemeinsamen Einrichtung geregelt seien, auch wenn neben diesen Bestimmungen, die die gemeinsame Einrichtung beträfen, ggf. auch noch andere Arbeitsbedingungen in diesen Tarifverträgen normiert würden. Zu dem Gesetzentwurf auf Drucksache 18/1558 hat der Ausschuss in dieser Sitzung ferner Änderungsanträge der Fraktion DIE LINKE. beraten und abgelehnt. Die Anträge werden im Folgenden dokumentiert: Der Ausschuss wolle beschließen: (Mindestlohn) In Artikel 1 wird in § 1 Absatz 2 die Angabe „8,50“ durch die Angabe „10“ ersetzt. Begründung Ein Alleinstehender muss bei Vollzeitbeschäftigung von seinem Lohn leben können, ohne auf ergänzende Leis- tungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Hartz IV-Leistungen) angewiesen zu sein. Ein Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro brutto pro Stunde erfüllt dieses Ziel nicht. Ein Nettolohn von 1.035 Euro pro Monat, der sich für eine vollzeiterwerbstätige Person ohne Kirchensteuer ergibt, reicht bereits bei Wohn- und Heiz- kosten von 345 Euro im Monat nicht mehr aus, um jenseits der Hartz-IV-Leistungsberechtigung zu leben. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit würde daher ein Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde bei ca. 740.000 alleinlebenden Hartz-IV-Leistungsberechtigten (über 40 Prozent aller alleinlebenden Hartz-IV-Leistungsbe- rechtigten) selbst bei einer Vollzeitbeschäftigung nicht ausreichen, um ein Einkommen über dem Hartz IV- Niveau zu erreichen. Ein Mindestlohn von 8,50 Euro bietet darüber hinaus selbst nach 45 Beitragsjahren keine Altersrente oberhalb des Existenzminimums. Zur Vermeidung von Altersarmut ist ein Mindestlohn von 10 Euro das absolute Mini- mum. Der gesetzliche Mindestlohn hat zudem das Ziel, die Niedriglohnbeschäftigung zu bekämpfen. Nach Berech- nungen des statistischen Bundesamtes liegt die Niedriglohnschwelle bei 10,36 Euro. Auch um Niedriglohnbe- schäftigung weitgehend zu verhindern, ist daher ein gesetzlicher Mindestlohn in Höhe von 10 Euro pro Stunde nötig. (Übergangsregelung und Beschluss der Mindestlohnkommission) 1. Artikel 1 wird wie folgt geändert: a) In der Inhaltsübersicht im Abschnitt 4 wird die Angabe zu § 24 gestrichen. b) § 9 Absatz 1 wird wie folgt gefasst: ----------------------- Page 18----------------------- Drucksache 18/2010 (neu) – 18 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode „(1) Die Mindestlohnkommission hat über eine Anpassung der Höhe des Mindestlohns bis zum 10. Juni 2015 mit Wirkung zum 1. Januar 2016 zu beschließen. Danach hat die Mindestlohnkommission jährlich über An- passungen der Höhe des Mindestlohns zu beschließen.“ c) § 24 wird gestrichen. 2. Artikel 6 Nummer 16 wird gestrichen. 3. Artikel 15 Absatz 2 wird gestrichen. Begründung Durch die Änderung wird die Möglichkeit, für einen Übergangszeitraum durch einen repräsentativen Tarif- vertrag von der Zahlung des Mindestlohns abweichen zu können, gestrichen. Gleichzeitig wird durch die Än- derung der Mindestlohn gleich nach der Einführung in jährlichem Rhythmus angepasst. Der gesetzliche Mindestlohn muss eine verbindliche Untergrenze darstellen, von der nicht nach unten abgewi- chen werden darf, erst recht nicht per Tarifvertrag. Die Funktion von Tarifverträgen ist es, für die Beschäftig- ten kollektiv bessere Arbeitsbedingungen zu regeln als im Gesetz. Das Argument, auf diesem Weg die Tarifbin- dung erhöhen zu wollen, ist daher mit Blick auf die Beschäftigten nicht stichhaltig. Es ist darüber hinaus frag- lich, ob es gelingt, die Tarifbindung dauerhaft zu erhöhen, da die Anreize zur Verbandsmitgliedschaft für die Arbeitgeber im Jahr 2017 wieder entfallen. Zu Nummer 1 (Änderung des Artikel 1) Zu a) Hierbei handelt es sich um eine Folgeänderung der Aufhebung von Artikel 1 § 24. Zu b) Durch die Änderung wird der Mindestlohn gleich nach der Einführung in jährlichem Rhythmus angepasst, sodass dies nicht wie von der Bundesregierung geplant erstmalig zum 1. Januar 2018 geschieht. Das Vorhaben, den ohnehin zu niedrigen Mindestlohn bis 2018 keiner Anpassung an die Entwicklung der Ta- riflöhne zu unterziehen, ist inakzeptabel. Tariflöhne und Mindestlohn müssen sich im Gleichklang entwickeln, damit die Mindestlohnbeziehenden nicht abgehangen werden. Ein Mindestlohn, der im Januar 2015 bei 8,50 Euro liegt, hat im Jahr 2018 nur noch eine Kaufkraft von 8 Euro. Ohne Änderung findet eine reale Entwertung des Mindestlohns statt. Der Mindestlohn ist dann aller Voraus- sicht nach nicht einmal mehr existenzsichernd. Zu c) Mit dieser Änderung wird die Übergangsregelung, der zu folge für einen bestimmten Zeitraum mit einem re- präsentativen Tarifvertrag der Mindestlohn unterschritten werden darf, gestrichen. Damit wird gewährleistet, dass der Mindestlohn ab seiner Einführung ohne Ausnahme für jedes Arbeitsverhältnis gilt. Zu Nummer 2 (Änderung des Artikel 6) Es handelt sich um eine Folgeänderung. Zu Nummer 3 (Änderung des Artikel 15) Es handelt sich um eine Folgeänderung. (Persönlicher Anwendungsbereich) In Artikel 1 wird § 22 wie folgt geändert: 1. Die Absätze 2 und 4 werden gestrichen. 2. Absatz 3 wird Absatz 2. Begründung Zu Nummer 1) Mit der Änderung werden die Ausnahmeregelungen für Beschäftigte unter 18 Jahren und für Langzeitarbeits- lose gestrichen. Der gesetzliche Mindestlohn muss die Untergrenze für die Entlohnung in jedem Arbeitsverhältnis sein. Davon darf es keine Ausnahmen geben. Der Mindestlohn ist eine Frage der Würde und des Respekts vor geleisteter Arbeit. Dieser Respekt ist unteilbar und muss für jedes Arbeitsverhältnis gelten. Die Entlohnung darf sich nicht am Alter oder sozialpädagogischen Kriterien orientieren, sondern ausschließlich an der zu verrichtenden Tä- tigkeit. ----------------------- Page 19----------------------- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 19 – Drucksache 18/2010 (neu) Der Ausschluss von Beschäftigten unter 18 Jahren verstößt zudem gegen den Gleichheitsgrundsatz in Artikel 3 des Grundgesetzes. Die Ausnahmeregelung ist daher eine unzulässige Altersdiskriminierung. Denn der für diese Ausnahme dargelegte Sachgrund, dass die Zahlung des Mindestlohns die Aufnahme einer Berufsausbil- dung verhindern könne, ist nicht stichhaltig und daher keine Rechtfertigung für eine Ausnahmeregelung. Ein großer Teil der betroffenen Beschäftigtengruppe geht noch zur Schule und kann daher gar nicht von der Auf- nahme einer Berufsausbildung abgehalten werden. Zudem gibt es keine empirischen Belege dafür, dass die Zahlung eines Mindestlohnes tatsächlich junge Menschen von der Aufnahme einer Ausbildung abhält. Viel- mehr wollen Jugendliche in der Regel eine Ausbildung machen. Das Problem ist, dass es zu wenige Ausbil- dungsplätze gibt. Es ist darüber hinaus widersinnig, eine Gruppe schützen zu wollen, indem man sie benachteiligt. Außerdem wird ein Anreiz für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber gesetzt, niedrig entlohnte Arbeit an Beschäftigte unter 18 Jahren zu vergeben und sie zu ersetzen, sobald sie die Altersgrenze überschreiten. Auch die Ausnahmeregelung für Langzeitarbeitslose ist abzulehnen. Gerade Langzeitarbeitslose bedürfen des Schutzes durch den Gesetzgeber und müssen unter die Mindestlohnregelung fallen. Dies leitet sich aus dem Schutzauftrag der Artikel 1, 20 und 12 Grundgesetz ab. Schon heute haben Langzeitarbeitslose, sofern sie überhaupt eine Arbeit bekommen, vielfach mit Niedriglöh- nen zu kämpfen. Dass dieses Problem nun mit einer Ausnahmeregelung zum Mindestlohn verfestigt werden soll, ist nicht hinzunehmen und sozial ungerecht. Die mögliche Ausnahmeregelung betrifft im Übrigen nicht nur 939.721 Personen, die im April 2014 als langzeitarbeitslos im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) – Hartz IV – registriert waren, sondern auch 128.835 Langzeiterwerbslose im SGB III. Die Begründung der Regierung, Langzeiterwerbslosen den Mindestlohn zunächst zu verweigern, um damit Hürden für ihren Zugang zum Arbeitsmarkt zu senken, ist zudem wenig stichhaltig. Die eigentlichen Probleme liegen ganz woanders. Statt eine Ausnahmeregelung beim Mindestlohn zu schaffen, wäre es angebracht, die Arbeitgeber in die Pflicht zu nehmen. Wie eine Umfrage der Bundesagentur für Arbeit im vergangenen Jahr ergeben hat, ist nur ein Drittel der Arbeitgeber bereit, Langzeitarbeitslosen im Einstellungsprozess überhaupt eine Chance zu geben. Dabei zeigt sich, dass die Betriebe, die Langzeitarbeitslose eingestellt haben, deren Eigenschaften in punkto Zuverlässigkeit, Motivation und Belastbarkeit positiv beurteilen. Neben den Vorurtei- len vieler Arbeitgeber, haben Langzeiterwerbslose mit der Kürzungspolitik in der Arbeitsmarktpolitik zu kämp- fen. Vor allem im Bereich des SGB II finden Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung und Qualifizierung nur auf einem geringen Niveau statt, schrumpfen sogar in einzelnen Bereichen. Die Unterstützungsleistungen und persönlichen Hilfen sind oft nicht ausreichend. Die Regelung birgt die Gefahr von Drehtüreffekten in sich, da die Arbeitgeber neue Langzeitarbeitslose ein- stellen könnten, wenn der Mindestlohn fällig wird. Denn die sechsmonatige Ausnahmefrist deckt sich mit der Wartezeit im Kündigungsschutzgesetz. Arbeitgeber können Langzeiterwerbslose jeweils für sechs Monate un- terhalb des Mindestlohns beschäftigen, sie ohne Angabe von Gründen kündigen und durch neue Langzeiter- werbslose ersetzen. Zu Nummer 2) Es handelt sich um eine Folgeänderung. Zu dem Gesetzentwurf auf Drucksache 18/1558 hat der Ausschuss in dieser Sitzung ferner Änderungsanträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beraten und abgelehnt. Die Anträge werden im Folgenden doku- mentiert: Der Ausschuss wolle beschließen: In Artikel 1 § 13 wird Satz 2 aufgehoben. Begründung Im Mindestlohngesetz (MiLoG) wird, wie auch im Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG), eine Generalunter- nehmerhaftung aufgenommen. Die Regelungen im AEntG und im MiLoG unterscheiden sich aber in einem wesentlichen Punkt: Im MiLoG wird die Haftung durch § 13 Satz 2 eingeschränkt. Die Unternehmen können sich nach dem MiLoG der Haftung entziehen, wenn sie nachweisen, dass sie weder positive Kenntnis noch grob fahrlässige Unkenntnis davon hatten, dass der Arbeitgeber in der Auftragskette seiner Verpflichtung zur Zah- lung des Mindestlohns nicht nachgekommen ist. Diese Regelung wird auch vom Bundesrat kritisiert. Wir schlie- ßen uns dieser Kritik und der Begründung des Bundesrates an. Zitat Bundesratsdrucksache 147/14: ----------------------- Page 20----------------------- Drucksache 18/2010 (neu) – 20 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode „Es ist nicht nachvollziehbar, warum für den (allgemeinen) Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz eine andere Haftungsregelung Anwendung finden sollte als für die (branchenspezifischen) Mindestlöhne nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz. Auch die Begründung des Regierungsentwurfs enthält hierzu keine Ausführun- gen. Gegen eine verschuldensunabhängige Haftung bestehen nach dem Beschluss des BVerfG vom 20. März 2007 (BvR 1047/05) keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Vielmehr diene eine solche Regelung „der Erhal- tung als wünschens-wert angesehener sozialer Standards und der Entlastung der [...] bei niedrigen Löhnen verstärkt in Anspruch genommenen Systeme der sozialen Sicherheit“. Des Weiteren führt das BVerfG aus, dass angenommen werden dürfe, „dass ein Ausschluss der Haftung des Hauptunternehmers beim Nachweis fehlen- den Verschuldens die Wirksamkeit der Regelung nicht in gleichem Maße gewährleisten würde, wie eine ver- schuldensunabhängige, umfassende Bürgenhaftung“. „Mindestlohnansprüche der Arbeitnehmer [wären] we- gen der Exkulpationsmöglichkeit des Hauptunternehmers nicht oder nur schwer durchsetzbar [...]“. Aus Sicht des Bundesrates erscheint ein Gleichlauf mit der Haftungsregelung des § 14 AEntG auch deshalb geboten, weil dieses nun für alle Branchen geöffnet wird. Sollten aber unterschiedliche Haftungsmaßstäbe für (Haupt-)Un- ternehmer gelten, bestünde die Gefahr, dass sich die Tarifvertragsparteien der Arbeitgeberseite mit dem – in der Regel niedrigeren und zudem haftungsprivilegierten – allgemeinen Mindestlohn begnügen würden, anstatt ergänzend die Möglichkeit branchenspezifischer Mindestlöhne zu nutzen. Dies würde der gesetzgeberischen Intention von Artikel 6 des Tarifautonomiestärkungsgesetzes aber geradezu zuwiderlaufen.“ 1. In Artikel 5 wird Nummer 1 a) werden nach dem Wort „Arbeitnehmer“ die Wörter „sowie einem Vertreter der den Antrag stellenden Tarifvertragsparteien“ eingefügt. 2. Nach Artikel 14 wird folgender Artikel 14a eingefügt: „Artikel 14a Änderung der Verordnung zur Durchführung des Tarifvertragsgesetzes In § 1 der Verordnung zur Durchführung des Tarifvertragsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Januar 1989 (BGBl. I S. 76), die zuletzt durch Artikel 434 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist, wird nach Satz 2 folgender Satz 3 angefügt: „Es bestellt zudem nach Eingang eines Antrags auf Allgemeinverbindlicherklärung bis zur Entscheidung über den Antrag nach § 8 einen Vertreter der den Antrag stellenden Tarifvertragsparteien als weiteres Mitglied.“ Begründung Die Intention der Gesetzesänderungen ist die Erleichterung der Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) von Ta- rifverträgen. Daher ist es nicht zielführend, das Abstimmungsverfahren im Tarifausschuss unverändert zu be- lassen. Die Tarifpartner können nach wie vor AVEs im Tarifausschuss blockieren. Mögliche Blockaden müssen verhindert werden. Deshalb muss auch das Abstimmungsverfahren im Tarifaus- schuss verändert werden. Zukünftig werden die Antrag stellenden Tarifparteien in die Beratung und die Ab- stimmung im Tarifausschuss einbezogen. Sie erhalten das volle Stimmrecht, wie die Vertreter der Spitzenorga- nisationen der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände. Durch die stets vorgeschriebene Anhörung der von der Allgemeinverbindlichkeit betroffenen Gruppen hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Möglichkeit, die Interessen dieser Gruppen in die Prüfung des öffentlichen Interesses mit einzubeziehen. Die vorgeschlagene Änderung des Abstimmungsverfahrens im Tarifausschuss erleichtert die Allgemeinver- bindlicherklärung von Tarifverträgen und entspricht damit der Intention der Gesetzesnovelle. Artikel 5 Nummer 1 Buchstabe b) wird wie folgt geändert: 1. Die Wörter „über eine gemeinsame Einrichtung“ werden durch die Angabe „in dem gemeinsame Einrich- tungen vorgesehen und deren Aufgaben geregelt sind“ ersetzt. 2. Vor die Wörter „mit folgenden Gegenständen“ wird das Wort „insbesondere“ eingefügt. Begründung Zu Nummer 1: Die im Regierungsentwurf enthaltene Formulierung (§ 5 Abs. 1a TVG neu) zu gemeinsamen Einrichtungen erweckt den Eindruck, dass die erleichterten Bedingungen für eine Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) nur für Verfahrenstarifverträge gelten. Das wäre ein Probl em, da Leistungs- und Verfahrenstarifverträge nicht auseinanderfallen dürfen. ----------------------- Page 21----------------------- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 21 – Drucksache 18/2010 (neu) Die Arbeit von gemeinsamen Einrichtungen wird in der Regel in zwei Typen von Tarifverträgen geregelt – zum einen in sog. Verfahrenstarifverträgen, in denen u. a. die Ansprüche der Kassen auf Meldungen und Beiträge niedergelegt sind und zum anderen in materiellen Tarifverträgen, in denen die Ansprüche der Arbeitnehmer z. B. auf Altersversorgungsleistungen, auf Urlaub und Urlaubsvergütung oder der Arbeitgeber auf Erstattun- gen z. B. von Ausbildungskosten geregelt sind. Diese Leistungen werden dann über eine gemeinsame Einrich- tung gewährt. Erforderlich ist also immer, dass beide Typen von Tarifverträgen allgemeinverbindlich erklärt werden. Insofern ist diese Änderung ausschließlich klarstellend. Zu Nummer 2: Der Gesetzesentwurf enthält eine geschlossene Aufzählung von gemeinsamen Einrichtungen, die allgemein- verbindlich erklärt werden können. Dies schließt schon bestehende gemeinsame Einrichtungen aus, beschnei- det die Tarifautonomie und verhindert, dass innovative Gegenstände für gemeinsame Einrichtungen allgemein- verbindlich erklärt werden können. Ein Beispiel für eine innovative Einrichtung ist das Prüf- und Beratungsstellenverfahren im Berliner Gebäu- dereiniger-Handwerk. Die Tarifvertragspartei-en des Berliner Gebäudereiniger-Handwerks haben im Jahr 2000 eine Prüf- und Beratungsstelle als gemeinsame Einrichtung errichtet, die vom Berliner Senat allgemein- verbindlich erklärt wurde. Ziel der Beratungsstelle ist es, allgemeinverbindlich erklärte Lohntarifverträge in der gesamten Branche durchzusetzen. Die Stelle kann Beschäftigten den vorenthaltenen Lohn der letzten drei Monate auszahlen. Der Lohnanspruch in dieser Höhe geht dann auf die Prüf- und Beratungsstelle über. Sie kann diesen Anspruch gegen zahlungsunwillige Arbeitgeber außergerichtlich und gerichtlich durchsetzen. Des Weiteren kann die Einrichtung Unterlassungsverpflichtungen und Vertragsstrafen bei den nicht tarifkonformen Arbeitgebern einfordern. Finanziert wird diese Beratungsstelle von den tarifunterworfenen Arbeitgebern. Sie zahlen Beiträge an die Prüf- und Beratungsstelle, die an der Bruttolohnsumme der Betriebe orientiert werden. Des Weiteren hat der Ausschuss für Arbeit und Soziales den Antrag auf Drucksache 18/590 in dieser Sitzung abschließend beraten und dem Deutschen Bundestag mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung empfohlen. Die Fraktion der CDU/CSU hob die historische Bedeutung des Mindestlohngesetzes hervor. Das Tarifauto- nomiestärkungsgesetz werde in Deutschland den Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt wieder vernünftig regeln und bedeute einen deutlichen Schritt in der sozialen Ausgestaltung der sozialen Marktwirtschaft. Das Mindest- lohngesetz bedeute keine Abkehr von der sozialen Marktwirtschaft, sondern eine produktive Weiterentwick- lung der sozialen Marktwirtschaft bei neuen Herausforderungen. Zugleich sei es ein weitgehender Eingriff in die Gestaltung des Arbeitsmarktes und müsse mit der entsprechenden Vorsicht angegangen werden. So werde der Mindestlohn nur jetzt einmalig vom Parlament festgelegt. Danach übernehme die Mindestlohnkommission den Vorschlag einer angemessenen Höhe. Dabei solle sie sich von einer Gesamtabwägung leiten lassen, statt lediglich eine Anpassung an den Lohnentwicklungsindex vorzunehmen. Im Tarifvertragsgesetz werde das starre 50-%-Quorum gestrichen, welches zu begrüßen sei. Eine Allgemeinverbindlich-Erklärung von Tarifver- trägen sei künftig möglich, wenn dies im öffentlichen Interesse geboten sei und der Tarifvertrag eine überwie- gende Bedeutung im Geltungsbereich seiner Branche erlangt habe bzw. er gemeinsame Einrichtungen der Ta- rifvertragsparteien erfasse. Mit den Änderungsanträgen habe man noch eine Reihe von Klarstellungen vorge- nommen. Auch die Fraktion der SPD betonte die Bedeutung des Mindestlohns und würdigte den anstehenden Beschluss als historische Entscheidung. Das Tarifautonomiestärkungsgesetz sei durchaus mit der Verabschiedung des Betriebsverfassungsgesetzes vergleichbar. Die SPD-Fraktion sei stolz darauf, dass es gelungen sei, einen all- gemeinen bundesweiten gesetzlichen Mindestlohn ohne Branchenausnahme durchzusetzen – in gleicher Höhe für Ost- und Westdeutschland. Mit dem Mindestlohngesetz stärke man die Würde der Beschäftigten und die soziale Seite der Marktwirtschaft. Man ziehe damit eine gesetzliche Entgeltuntergrenze als Haltelinie ein und stärke damit auch die Tarifautonomie in Deutschland. Das Beispiel der Fleischindustrie habe gezeigt, dass das Gesetz schon im Vorfeld eine neue Dynamik ausgelöst und so tarifliche Branchenmindestlöhne in zuvor sehr schwierigen Bereichen ausgelöst habe. Bei den Ausschussberatungen bestätigte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf eine Frage der SPD-Fraktion, dass dual Studierende von § 22 Absatz 3 erfasst seien, da dieser auch Berufsbildungsmaßnah- men erfasse, die nach § 3 Absatz 2 Ziffer 1 BBiG vom Geltungsbereich des BBiG ausgenommen seien. Des- gleichen seien Maßnahmen der betrieblichen Einstiegsqualifizierung, die gemäß § 54a SGB III Grundlagen für die Vermittlung und Vertiefung für den Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit vermitteln, von der Vorschrift ----------------------- Page 22----------------------- Drucksache 18/2010 (neu) – 22 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode in § 22 Abs. 1 Ziff. 4 erfasst, sofern die Fördervoraussetzungen vorliegen, unabhängig von der Beantragung oder tatsächlichen Inanspruchnahme der Fördermittel nach dieser Vorschrift. Die Fraktion DIE LINKE. begrüßte, dass endlich ein gesetzlicher Mindestlohn eingeführt werde. Die Ausge- staltung des Gesetzes vergälle allerdings die Freude am Mindestlohngesetz. Die geplante Mindestlohnhöhe von 8,50 Euro pro Stunde sei von Anfang an zu niedrig und werde bei der ersten Anpassung im Jahr 2017 noch unangemessener sein. Schon jetzt werde ein Mindestlohn in Höhe von zehn Euro benötigt, um existenzsichernd zu sein und eine armutsfeste Rente zu erzielen. Insbesondere lehne die Fraktion es ab, dass per Tarifvertrag dieser Mindestlohn in den nächsten Jahren auch noch unterschritten werden könne. Darüber hinaus dürften weder Langzeitarbeitslose noch Jugendliche vom Mindestlohn ausgenommen werden. Andernfalls sei eine für die Beschäftigten schädliche Dynamik und erneut ein Verdrängungswettbewerb zu befürchten. Für Langzeit- arbeitslose habe erwiesenermaßen die Lohnhöhe keinen Einfluss auf ihre Einstellungschancen. Die Entlohnung dürfe sich nur an der Tätigkeit orientieren, nicht am Alter oder sonstigen Merkmalen. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte, dass es höchste Zeit für die Einführung eines allgemei- nen bundesweiten Mindestlohns in Deutschland sei. Es sei gut, dass der Wettbewerb über Löhne von teils unter fünf Euro ein Ende habe. Der Gesetzentwurf werde der historischen Dimension der Entscheidung allerdings nicht gerecht und gebe einigen Anlass zur Kritik. Die Ausnahmen stünden zu den Zielen in Widerspruch. Kein anderes EU-Land nehme Langzeitarbeitslose und Jugendliche aus seinen Mindestlohnregelungen komplett aus. Dies sei schädlich und ein Einfallstor für Umgehungstatbestände. Jugendliche, die sozialversicherungspflichtig arbeiteten, ohne jegliche Untergrenze vom Mindestlohn auszunehmen, mache keinen Sinn. Auch die Regelun- gen für Saisonarbeitskräfte lasse entsprechende Probleme mit Umgehungstatbeständen vermuten. B. Besonderer Teil Zu Nummer 1 (Artikel 1 – Änderung des Mindestlohngesetzes) Zu Buchstabe a § 2 Absatz 2 regelt abweichend von der in Absatz 1 geregelten Fälligkeit des Mindestlohns, dass bei verstetigten Arbeitseinkommen die Arbeitsstunden, die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus geleistet worden sind, auf ein Arbeitszeitkonto eingestellt werden können. In diesem Fall muss eine geleistete Arbeitsstunde nicht zum in Absatz 1 geregelten Fälligkeitstermin mit dem Mindestlohn vergütet werden, sondern kann später abgegolten werden. Dabei gibt die Ausnahmeregelung des Absatzes 2 Rahmenbedingungen zur Führung min- destlohnrelevanter Arbeitszeitkonten vor, um dem Missbrauch von Arbeitszeitkonten zur Umgehung des Min- destlohns vorzubeugen. Hingegen macht die Regelung keine allgemeinen Vorgaben für sämtliche Arbeitszeit- konten. Durch die Ergänzung von Absatz 2 Satz 1 wird aus Gründen der Rechtssicherheit klargestellt, dass die dortigen Vorgaben nicht einschlägig sind, soweit der Anspruch auf den Mindestlohn bereits durch die Zahlung des verstetigten Arbeitsentgelts erfüllt ist. Die Führung eines Arbeitszeitkontos unterfällt mithin nicht den Vor- gaben des Absatzes 2, wenn bereits durch das verstetigte Monatseinkommen für sämtliche geleisteten Arbeits- stunden einschließlich der Überstunden der vom Arbeitgeber nach § 1 Absatz 1 gesetzlich geschuldete Min- destlohn bewirkt wird. Zu Buchstabe b Mit der Anpassung wird klargestellt, dass ein Verzicht auf den Mindestlohn nur zulässig ist, wenn er sich auf einen bereits entstandenen Mindestlohnanspruch bezieht und durch gerichtlichen Vergleich erfolgt. Im Übrigen ist ein Verzicht auf den Mindestlohnanspruch ausgeschlossen. Die Anpassung vollzieht insoweit die Regelung des § 4 Absatz 4 Satz 1 des Tarifvertragsgesetzes nach, wonach in einem von den Tarifvertragsparteien gebil- ligten Vergleich nur auf „entstandene tarifliche Rechte“ verzichtet werden kann. Zu Buchstabe c Zu Doppelbuchstabe aa Die Entscheidung über die Anpassung des Mindestlohns soll von der Mindestlohnkommission in einem zwei- jährlichen Turnus getroffen werden. Erstmals wird über die Anpassung des zum 1. Januar 2015 eingeführten Mindestlohns mithin mit Wirkung zum 1. Januar 2017 befunden. Danach hat die Mindestlohnkommission alle zwei Jahre über eine Anpassung zu beschließen. Ein zweijährlicher Zyklus entspricht den üblichen tariflichen Entgeltanpassungen und trägt dem Umstand Rechnung, dass entsprechende Daten zur Lohnentwicklung derzeit nicht jährlich zur Verfügung stehen. ----------------------- Page 23----------------------- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23 – Drucksache 18/2010 (neu) Zu Doppelbuchstabe bb Die Mindestlohnkommission wird zudem mit der Aufgabe betraut, laufend darzustellen, wie sich der Mindest- lohn auf den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Wettbewerbsbedingungen und die Beschäf- tigung im Bezug auf bestimmte Branchen und Regionen sowie die Produktivität ausgewirkt hat. Mit dieser Evaluation wird zu einem frühen Zeitpunkt laufend sichergestellt, dass die Auswirkungen des Mindestlohns von der Mindestlohnkommission transparent und nachvollziehbar beleuchtet und die Erkenntnisse der Bun- desregierung in einem Bericht alle zwei Jahre gemeinsam mit dem Beschluss zur Verfügung gestellt werden. Zu Buchstabe d Die Regelung räumt der Mindestlohnkommission die Möglichkeit ein, vor einem Anpassungsbeschluss Be- troffene anzuhören. Mit der Änderung wird klargestellt, dass als Betroffene im weiteren Sinne etwa Spitzenor- ganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Vereinigungen von Arbeitgebern und Gewerkschaften, öf- fentlich-rechtliche Religionsgesellschaften, Wohlfahrtsverbände sowie Verbände, die wirtschaftliche und so- ziale Interessen organisieren, angehört werden können. Ein subjektives Recht auf Anhörung vermittelt die Re- gelung auch nach der Änderung nicht. Zu Buchstabe e Die Anpassung des Mindestlohns kann auch das verfassungsrechtlich gewährleistete Selbstbestimmungsrecht der Kirchen, ihre Arbeitsbedingungen im Rahmen des so genannten Dritten Weges selbst zu regeln, berühren. Kirchen und ihre kirchlichen Einrichtungen beschäftigen bundesweit nach gängigen Schätzungen mehr als 1,3 Millionen sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter, wobei insbesondere im Bereich der sozialen Dienst- leistungen die kirchlichen Wohlfahrtsverbände Caritas und Diakonie eine bedeutende Rolle spielen. Mit der Änderung wird deshalb klargestellt, dass auch die öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften vor Erlass der Rechtsverordnung Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme erhalten. Kirchlichen sowie weltlichen Wohl- fahrtsverbänden wird aus Gründen der Gleichbehandlung ein Recht zur Stellungnahme gleichermaßen einge- räumt. Zu Buchstabe f Die Regelung zur Haftung des Auftraggebers in § 13 wird durch Verweis auf die entsprechende Vorschrift des § 14 Arbeitnehmer-Entsendegesetz an die dortige Rechtslage angeglichen. Die dortige Ausgestaltung der Haf- tung – wie sie insbesondere durch die Rechtsprechung stattgefunden hat – hat sich über Jahre bewährt. In den bislang in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz einbezogenen Branchen wird diese Haftung praktiziert. Die Eva- luation der nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz festgesetzten Branchenmindestlöhne im Jahr 2013 hat kei- nen Änderungsbedarf aufgezeigt. Zu Buchstabe g Zu Doppelbuchstabe aa Die in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes aufgeführten Wirtschaftsbereiche und Wirtschaftszweige zeichnen sich durch eine hohe arbeitszeitliche Fluktuation aus. Die Änderung beinhaltet die Klarstellung, dass deshalb nur Entleiher aus diesen Bereichen zur Aufzeichnung und Dokumentation der Arbeitszeit verpflichtet sind. Arbeitgeber aus diesen Wirtschaftsbereichen und Wirtschaftszweigen treffen die Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten mithin nicht nur beim Einsatz eigener Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, son- dern auch beim Einsatz entliehener Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Zu Doppelbuchstabe bb § 17 Absatz 3 erlaubt es dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales als Verordnungsgeber, die Melde- pflicht nach § 16 sowie die Dokumentations- und Vorhaltepflicht des Arbeitgebers aus den Absätzen 1 und 2 hinsichtlich bestimmter Gruppen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern oder der Wirtschaftsbereiche oder Wirtschaftszweige einzuschränken oder zu erweitern. Die Änderungen stellen zum einen klar, dass diese Möglichkeit auch hinsichtlich der Verpflichtungen eines Entleihers nach § 16 Absatz 3 sowie § 17 Absatz 1 Satz 2 besteht. Außerdem wird durch die Formulierung „bestimmter Gruppen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern“ klargestellt, dass die Möglichkeit, insbesondere die Dokumentationspflichten im Sinne größe- rer Flexibilität spezifischen Bedürfnissen der Praxis anzupassen, nicht nur hinsichtlich der verschiedenen For- men der geringfügigen Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, sondern auch bezüglich weiterer Arbeitnehmergruppen (etwa leitende Angestellte) gegeben ist. Zu Doppelbuchstabe cc ----------------------- Page 24----------------------- Drucksache 18/2010 (neu) – 24 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die zusätzlich angefügte Verordnungsermächtigung für das Bundesministerium der Finanzen ermöglicht es diesem, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Art und Weise der Erfüllung der Dokumentationspflichten im Sinne größerer Flexibilität spezifischen Bedürfnissen der Praxis anzupassen, wenn Besonderheiten der zu erbringenden Werk- oder Dienstleistungen oder Besonderheiten des jeweiligen Wirtschaftsbereiches oder Wirtschaftszweiges im Hinblick auf ihre Kontrollsituation dies erfordern. Zu Buchstabe h Die Möglichkeit eines Ausschlusses von einem Vergabeverfahren wird wegen der besonderen Tragweite dieser Sanktion auf die Fälle beschränkt, in denen das Ordnungswidrigkeitenverfahren abgeschlossen ist. Zu Buchstabe i Zu Doppelbuchstabe aa Praktikantinnen und Praktikanten sollen, von den ausdrücklich im Gesetz genannten Ausnahmen abgesehen, vom Anwendungsbereich des Gesetzes erfasst werden. Mit der Formulierung „es sei denn“ wird dieses Regel- Ausnahme-Verhältnis deutlich herausgestellt. Damit werden Rechtsunsicherheiten im Hinblick auf die Vertei- lung der Darlegungs- und Beweislast vermieden. Die neue Formulierung der Nummer 1 stellt klar, dass Pflichtpraktika, die auf schul- oder hochschulrechtlichen Bestimmungen beruhen, nicht unter den Mindestlohn fallen. Der Begriff „Schulordnung“ wird durch die um- fassendere Formulierung „schulrechtliche Bestimmung“ ersetzt. Damit werden insbesondere auch Praktika zur Erlangung eines schulischen Abschlusses mit erfasst. An die Stelle des Begriffs „Studienordnung“ tritt der umfassend zu verstehende Begriff der hochschulrechtlichen Bestimmung. Unter diesen Begriff fallen etwa ne- ben Studien- und Prüfungsordnungen auch Zulassungsordnungen, welche die Absolvierung eines Praktikums als Voraussetzung zur Aufnahme eines bestimmten Studiums verpflichtend vorschreiben. Ferner sind damit auch Praktika umfasst, die auf der Grundlage des jeweiligen Hochschulgesetzes eines Landes erfolgen. Ein Praktikum wird ebenso verpflichtend auf Grund einer hochschulrechtlichen Bestimmung geleistet, wenn es im Rahmen von Kooperationsverträgen zwischen Hochschulen und Unternehmen erfolgt. Damit können insbe- sondere auch Praktika, die im Rahmen von dualen Studiengängen absolviert werden, vom Anwendungsbereich des Mindestlohns ausgenommen sein. Ebenfalls vom Mindestlohn ausgenommen sind Praktika, die im Rahmen der Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie geleistet werden. Um den Belangen der Praxis Rechnung zu tragen, werden Praktika zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder ein Studium im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2 sowie ausbildungsbegleitende Praktika im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 3 bis zu einer Dauer von drei Monaten anstatt bis zu einer Dauer von sechs Wochen vom Mindestlohn ausgenommen. Die Neufassung der Nummer 4 stellt klar, dass die Berufsausbildungsvorbereitung nach den §§ 68 bis 70 Be- rufsbildungsgesetz kein Praktikum im Sinne des § 26 Berufsbildungsgesetz ist. Zwar ist mangels höchstrich- terlicher Entscheidung nicht geklärt, ob es sich bei einer Berufsausbildungsvorbereitung um ein Rechtsverhält- nis im Sinne des § 26 Berufsbildungsgesetz handeln kann. Jedenfalls ist eine Berufsausbildungsvorbereitung aber nicht als Praktikum anzusehen. Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Berufsausbildungsvorbereitung fallen deshalb nicht unter den Anwendungsbereich des Mindestlohngesetzes. Dies wird mit der redaktionellen Anpassung deklaratorisch klargestellt. Damit wird insbesondere mit Blick auf tarifvertragliche Integrations- und Förderprogramme sowie auf Integrations- und Förderprogramme, die von einem Arbeitgeberverband durchgeführt werden, einem praktischen Bedürfnis nach Rechtssicherheit – wie es etwa für die entsprechenden Programme in der Chemiebranche sowie in der Metall- und Elektrobranche besteht – entsprochen. Aus Gründen der Rechtsklarheit wird in Absatz 1 Satz 3 das Praktikumsverhältnis definiert. Die Definition orientiert sich an Erwägungsgrund 27 der Empfehlung des Rates der Europäischen Union vom 10. März 2014 zu einem Qualitätsrahmen für Praktika. Für das Vorliegen eines Praktikumsverhältnisses kommt es nicht auf die von den Vertragspartnern gewählte Bezeichnung des Rechtsverhältnisses an, sondern entscheidend ist die tatsächliche Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses. Rechtsverhältnisse im Sinne des § 26 Berufsbildungsgesetz, die auf eine praktische Ausbildung abzielen, welche mit der Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes vergleichbar ist, sind weder Arbeitsverhältnisse noch Praktikumsverhältnisse. Da- mit fallen etwa Volontariate nicht unter den Anwendungsbereich des Gesetzes. ----------------------- Page 25----------------------- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 25 – Drucksache 18/2010 (neu) Zu Doppelbuchstabe bb Zu Dreifachbuchstabe aaa Mit dem Verweis soll klargestellt werden, dass sich § 22 Absatz 4 auf Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehme- rinnen und Arbeitnehmern bezieht, die vor Beginn der Beschäftigung langzeitarbeitslos im Sinne des § 18 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) waren. § 18 Absatz 2 SGB III findet hingegen keine Anwendung, da die Regelung sich nur auf Leistungen des SGB III oder des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) bezieht, die Langzeitarbeitslosigkeit voraussetzen. Zu Dreifachbuchstabe bbb Angesichts der Ausführungen der Sachverständigen in der Anhörung des Deutschen Bundestages hinsichtlich der Ausnahme der Langzeitarbeitslosen von einem Anspruch auf den Mindestlohn in den ersten sechs Monaten ihrer Beschäftigung erscheint es sachgerecht, diesen Sachverhalt so früh wie möglich zu überprüfen. Gleich- zeitig erlaubt die enge zeitliche Begrenzung der Ausnahme und der spezifische Personenkreis eine Überprüfung schon zu diesem frühen Zeitpunkt. Zu Buchstabe j Zu Doppelbuchstabe aa Die Ergänzung von Satz 1 verlängert die ursprünglich vorgesehene Übergangsregelung um ein Jahr mit der Maßgabe, dass ab dem 1. Januar 2017 mindestens ein Entgelt von brutto 8,50 Euro je Zeitstunde zu zahlen ist. Dies erlaubt es den Tarifvertragsparteien, die nach § 9 Absatz 1 vorgesehene Anpassung des Mindestlohns erst zum 1. Januar 2018 nachzuvollziehen. Die Änderung trägt dem Umstand Rechnung, dass nunmehr bereits zum 1. Januar 2017 von der Mindestlohnkommission über eine Anpassung des Mindestlohns zu entscheiden ist. Zu Doppelbuchstabe bb Der neu angefügte Absatz 2 regelt den Mindestlohnanspruch von Zeitungszustellerinnen und Zeitungszustel- lern während der Übergangsphase. Eine stufenweise Einphasung des Mindestlohns für die Zeitungszustellung ist erforderlich, weil die mit der Einführung des Mindestlohns einhergehenden Mehrkosten insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen die Trägerzustellung beeinträchtigen. Die Zustellung ist notwen- dige Bedingung für das Funktionieren der durch Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes geschützten freien Presse. Die verlässliche Trägerzustellung von Zeitungen und Zeitschriften am Tag ihres Erscheinens an den Endkunden ist eine wesentliche Säule für den Vertrieb dieser Printprodukte. Für den Bereich der Zustellung von Presseerzeugnissen erscheint dabei der durch Absatz 1 eröffnete Weg, über bundesweite, nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz erstreckte Tarifverträge vorübergehend vom Mindest- lohn abzuweichen, wegen der besonderen Beschäftigten- und Entgeltstrukturen nicht gangbar, jedenfalls nicht sachgerecht. Es wird daher durch Gesetz für Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller der Anspruch auf Mindestlohn während der Übergangsphase gestaltet. Er beträgt ab dem 1. Januar 2015 zunächst 75 Prozent des Mindestlohns nach § 1 Absatz 2 Satz 1. Ab dem 1. Januar 2016 steigt der Mindestlohn auf 85 Prozent des Mindestlohns nach § 1 Absatz 2 Satz 1. Vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2017 haben die Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller einen Anspruch auf einen Mindestlohn von brutto 8,50 Euro je Zeitstunde. Die Heranführung des derzeitigen Entgeltniveaus erfolgt damit stufenartig während der Einphasung bis zum 31. Dezember 2017. Nach Absatz 2 Satz 2 gilt dieser gestufte Mindestlohn im Bereich der Zeitungszustellung nur für Personen, die in einem Arbeitsverhältnis ausschließlich periodische Zeitungen oder Zeitschriften an Endkunden zustellen. Die Regelung umfasst auch Zustellerinnen und Zusteller von Anzeigenblättern mit redaktionellem Inhalt. Zu Nummer 2 (Artikel 2 – Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes) Durch die Änderungen in Artikel 2 müssen sich die Parteien in Beschlussverfahren nach §§ 97 und 98 ArbGG durch Prozessbevollmächtigte sowohl vor dem Landesarbeitsgericht als auch vor dem Bundesarbeitsgericht vertreten lassen. Dies begründet sich aus den Besonderheiten der Verfahren nach § 2a Absatz 1 Nummern 4 und 5 ArbGG. Zum einen ist das Landesarbeitsgericht in diesen Verfahren im ersten Rechtszug zuständig; zum anderen wirken Beschlüsse in Verfahren nach § 2a Absatz 1 Nummern 4 und 5 ArbGG für und gegen jeder- mann (erga omnes). ----------------------- Page 26----------------------- Drucksache 18/2010 (neu) – 26 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Zu Nummer 3 (Artikel 3a neu – Änderung des Nachweisgesetzes) Zur Änderung § 1 Nachweisgesetz Durch die Änderung werden Praktikanten, die gemäß § 22 Absatz 1 des Mindestlohngesetzes als Arbeitnehmer gelten, in den Geltungsbereich des Nachweisgesetzes einbezogen. Dadurch wird diesen Personen die Durch- setzung ihrer Ansprüche, insbesondere aus dem Mindestlohngesetz, erleichtert. Damit wird für beide Partner des Praktikumsvertrags Rechtsklarheit und Rechtssicherheit geschaffen. Zur Änderung § 2 Nachweisgesetz Die Vorschrift passt die Vorgaben des Absatzes 1 für die in eine Niederschrift aufzunehmenden wesentlichen Vertragsbedingungen den Besonderheiten des Praktikumsverhältnisses an. Dazu gehören insbesondere Anga- ben über die mit einem Praktikum verfolgten Lern- und Ausbildungsziele sowie zur Dauer des Praktikums und zur Zahlung der Vergütung. Die Vorschrift orientiert sich an den Empfehlungen des Rates der Europäischen Union vom 10. März 2014 zu einem Qualitätsrahmen für Praktika. Zu Nummer 4 (Artikel 5 – Änderung des Tarifvertragsgesetzes) Mit dieser redaktionellen Anpassung wird klargestellt, dass nicht bereits die bloße Behauptung der Tarifver- tragsparteien, ihr Tarifvertrag habe in seinem Geltungsbereich überwiegende Bedeutung erlangt oder seine Allgemeinverbindlicherklärung sei zur Absicherung der Wirksamkeit des Tarifvertrags gegen die Folgen wirt- schaftlicher Fehlentwicklungen erforderlich, zur Bejahung des öffentlichen Interesses hinreichen kann. Das Vorliegen des öffentlichen Interesses ist vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales bzw. der obersten Arbeitsbehörde des Landes selbsttätig zu prüfen. Dabei kommt dem Bundesministerium für Arbeit und Sozia- les bzw. der obersten Arbeitsbehörde des Landes ein Beurteilungsspielraum zu, der sich auch auf das Vorliegen der in Satz 2 Nummer 1 und 2 geregelten Regeltatbestände erstreckt. Damit ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bzw. die oberste Arbeitsbehörde des Landes insbesondere berechtigt, im Hinblick auf die überwiegende Bedeutung des Tarifvertrags im Sinne des Satzes 2 Nummer 1 eine sorgfältige Schätzung auf der Grundlage des bei Entscheidung zur Verfügung stehenden Datenmaterials vorzunehmen. Zu Nummer 5 (Artikel 6 – Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes) Zu den Buchstaben a und b Die Änderungen stellen klar, dass paritätisch besetzte Kommissionen des sog. Dritten Weges ein Recht zur Stellungnahme zum Entwurf für Rechtsverordnungen nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz haben. Die Klarstellung dient der Angleichung an die schon bestehende Rechtslage im Sonderbereich „Pflege“ (§ 11 Ab- satz 3 Arbeitnehmer-Entsendegesetz). Zu Buchstabe c Mit der Anpassung wird klargestellt, dass ein Verzicht auf das Mindestentgelt nach § 8 des Arbeitnehmer- Entsendegesetzes nur zulässig ist, wenn er sich auf einen bereits entstandenen Anspruch bezieht und durch gerichtlichen Vergleich erfolgt. Im Übrigen ist ein Verzicht auf das Mindestentgelt ausgeschlossen. Es handelt sich bei der Klarstellung um eine Folgeänderung zur Änderung in § 3 Satz 2 des Mindestlohngesetzes. Zu Buchstabe d Mit den in § 19 neu eingefügten Verordnungsermächtigungen für das Bundesministerium für Arbeit und Sozi- ales bzw. das Bundesministerium der Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird parallel zu § 17 Absatz 3 und Absatz 4 des Mindestlohngesetzes die Möglichkeit geschaffen, den Anwendungsbereich sowie die Art und Weise der Erfüllung der Dokumentations- und Vorhaltepflichten im Sinne größerer Flexibilität spezifischen Bedürfnissen der Praxis sowie den Besonderheiten der jeweiligen Branche und ihrer Kontrollsituation anzupassen. Zu Buchstabe e Die Änderungen vollziehen die Verlängerung der ursprünglich vorgesehenen Anpassungsphase in der Über- gangsregelung des § 24 des Mindestlohngesetzes nach und stellen klar, dass unter den festgelegten Vorausset- zungen in der verlängerten Übergangszeit die Unterschreitung auch des nach § 9 Absatz 1 des Mindestlohnge- setzes angepassten Mindestlohns mit den Gesetzeszielen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vereinbar sein kann. ----------------------- Page 27----------------------- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 27 – Drucksache 18/2010 (neu) Zu Nummer 6 (Artikel 8 – Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch) Arbeitslos ist nach § 16 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III), wer vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht, eine versicherungspflichtige Beschäftigung sucht und dabei den Vermittlungs- bemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht und sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemel- det hat. An Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik Teilnehmende gelten dabei gemäß § 16 Absatz 2 SGB III als nicht arbeitslos. Langzeitarbeitslos ist nach § 18 Absatz 1 SGB III, wer ein Jahr und länger arbeitslos ist. Die Regelung stellt klar, dass nicht jede Unterbrechung der Verfügbarkeit wegen Maßnahmeteilnahme, Krank- heit oder sonstiger Nicht-Erwerbstätigkeit zur Unterbrechung der Dauer der Arbeitslosigkeit führt. Die Regelung entspricht damit dem statistischen Messkonzept der Bundesagentur für Arbeit für die Langzeit- arbeitslosigkeit, das unschädliche Unterbrechungen der Dauer der Arbeitslosigkeit aus den genannten Gründen vorsieht. Zeiten der Teilnahme an Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach § 45 SGB III unterbrechen die Dauer der Arbeitslosigkeit nicht, da die Agenturen für Arbeit und die Jobcenter (in Verbindung mit § 16 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch) diese Maßnahmen mit dem Ziel erbringen, unmittelbar die berufliche Eingliederung von Arbeitsuchenden zu unterstützen. Dabei kön- nen die Maßnahmen oder Teile von Maßnahmen nach § 45 Absatz 2 Satz 2 SGB III bei einem Arbeitgeber durchgeführt werden. Die Ausnahme für Zeiten einer Erkrankung entspricht der Regelung zur Leistungsfortzahlung in § 146 Absatz 1 SGB III, die bei unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit die Fortzahlung des Arbeitslosengeldes vorsieht, obwohl die betreffende Person den Vermittlungsbemühungen nicht zur Verfügung steht. Das Gleiche soll für kurze Zeiten sonstiger Nicht-Erwerbstätigkeit gelten. Darunter fallen beispielsweise Urlaub, die kurz- fristig verzögerte Arbeitslosmeldung nach Beendigung der Hilfebedürftigkeit, die kurzzeitige Betreuung von Kindern oder Pflege naher Angehöriger, die Teilnahme an einer ärztlich verordneten Maßnahme der medizini- schen Vorsorge oder Rehabilitation, die Teilnahme an einer Veranstaltung, die staatspolitischen, kirchlichen oder gewerkschaftlichen Zwecken dient oder sonst im öffentlichen Interesse liegt und die Ausübung einer eh- renamtlichen Tätigkeit. Die Änderung des § 282a SGB III entspricht der bisherigen Änderung im Gesetzentwurf. Zu Nummer 7 (Artikel 9 – Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch) Um möglichen Problemen insbesondere bei der Saisonarbeit durch die Einführung des Mindestlohnes Rech- nung zu tragen, sollen die Zeitgrenzen für die geringfügige Beschäftigung in Form der kurzfristigen Beschäf- tigung ausgeweitet werden. Damit dies nicht zu einer generellen Ausweitung der versicherungsfreien gering- fügigen Beschäftigung führt, wird die Regelung auf vier Jahre befristet. Die Änderung des § 18f SGB IV entspricht der bisherigen Änderung im Gesetzentwurf. Zu Nummer 8 (Artikel 15 – Außerkrafttreten) Zu Buchstabe a Durch die Verlängerung der Anpassungsphase zum Mindestlohn treten die entsprechenden Übergangsregelun- gen erst ein Jahr später außer Kraft. Zu Buchstabe b Die Vorschrift regelt das Außerkrafttreten der befristeten Ausweitung der Regelungen zur kurzfristigen Be- schäftigung (siehe Nummer 7). Berlin, den 2. Juli 2014 Dr. Matthias Zimmer Berichterstatter ----------------------- Page 28----------------------- Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333